Jugendwahn auf Schalke

Die Schalker Nachwuchsspieler entscheiden das Bundesligaspiel gegen den Hamburger SV. Durch den deutlichen 4:1-Erfolg ist eine Teilnahme am UEFA-Cup keine Utopie mehr

„Darauf habe ich hingearbeitet“, sagte Heimeroth, „wir wollen doch alle in der Bundesliga spielen“

AUF SCHALKE HOLGER PAULER

Fabian Lamotte haute sich in der 42. Minute, nach seinem Treffer zum 3:1 mehrmals ziemlich heftig vor den Kopf – so als könne er überhaupt nicht fassen, was sich da gerade abgespielt hatte. Der 21-jährige Schalker war zweifellos der Mann der vorherigen 13 Minuten gewesen. Bereits in der ersten Halbzeit legte er die Grundlage zum 4:1-Erfolg des FC Schalke 04 über den Hamburger SV: In der 29. Minute traf er nach einem Solo aus 18 Metern den Pfosten, so dass Ebbe Sand zum 2:0 abstauben konnte. Sechs Minuten später verursachte er als letzter Mann einen Foulelfmeter, den der Hamburger Mehdi Mahdavikia zum 2:1 nutzte. Und kurz darauf gelang Fabian Lamotte unter Mithilfe des Hamburger Torhüters Stefan Wächter die Vorentscheidung. Die Frage, ob er beim Strafstoß die rote Karte hätte sehen müssen, verneinte er gekonnt: „Ich denke, die gelbe hätte es auch getan.“ Ein Foul sei es aber schon gewesen, kommentierte er trocken.

Der neue Schalker Jugendwahn kommt eh sehr cool und abgezockt daher. Und mit Jupp Heynckes haben die Jungen einen Trainer, der nicht nur aus der Not auf den Nachwuchs setzt. Das hat er schon in Mönchengladbach oder bei Real Madrid bewiesen: Neben Fabian Lamotte durfte sich auch der 18-jährige Michael Delura, Siegtorschütze aus dem Bochumspiel, wiederholt in die Torschützenliste eintragen.

Noch beruhigender war für Schalke Trainer Jupp Heynckes aber, dass Torhüter Christopher Heimeroth in seinem ersten Bundesliga-Spiel ein „außergewöhnlich gute Leistung“ ablieferte. „Ich hatte schon vor dem Spiel den Eindruck, dass er sehr ruhig an die Sache herantritt“, sagte Heynckes. Schalkes Torhüter Nummer drei scheint so zumindest vorerst das Problem zu lösen, das nach der Verletzung von Frank Rost entstanden war und sich durch die konfuse Vorstellung des Ersatzes Volkan Ünlü beim Auswärtsspiel in Bochum manifestierte. Gegen den HSV saß Ünlü verletzt auf der Tribüne.

Im Schalker Umfeld war sogar von einer taktischen Verletzung die Rede gewesen. Jupp Heynckes reagierte sauer: „Ich bin immer ehrlich gewesen. Wenn Volkan fit gewesen wäre, hätte er gespielt.“ Im Nachhinein dürfte Heynckes aber froh gewesen sein, dass Christopher Heimeroth und nicht Volkan Ünlü seine Bundesligatauglichkeit unter Beweis stellen durfte.

Glücklich war auch der Schalker Torhüter. Und vor allem: überhaupt nicht nervös – trotz seiner erst 22 Jahre. „Ich habe mich auf das Spiel gefreut“, sagte er ruhig und bedächtig. Seit am Donnerstag klar gewesen sei habe die Vorfreude immer weiter zu genommen. „Darauf habe ich hingearbeitet“, sagte Heimeroth, „wir wollen doch alle in der Bundesliga spielen.“ Und vielleicht geht in naher Zukunft sogar mehr. Durch den Erfolg konnten sich die Schalker zumindest vorübergehend auf einen UEFA-Cup-Platz schieben. „Nach dem Triumph in Bochum mussten wir nachlegen“, sagte Jupp Heynckes – zumal es gegen einen Konkurrenten ging.

Trotz des relativ klaren Sieges war Jupp Heynckes dennoch nicht gänzlich zufrieden. Das Spiel über Flügel sei vernachlässigt worden außerdem habe es zu viele Konzentrationsfehler und Abstimmungsprobleme in der Abwehr gegeben. Angesichts der vielen Umstellungen kein Wunder: Am Samstag fielen Kobiashvilli und Kläsener aus und im Spiel gegen den HSV zog sich Tomasz Waldoch einen Mittelhandbruch zu. Der endlich wieder zu alter Form zurückgekehrte Kapitän muss damit erneut mehrere Wochen zusehen. Auf den Nachwuchs der Schalker kommen also weitere Prüfungen zu. Die nächste bei den Bayern gehört zur gehobenen Klasse.