: Mehr Arbeit, noch mehr Protest
Breite Front gegen angestrebte Arbeitszeitverlängerungen im öffentlichen Dienst. DGB und Bundes-SPD kritisieren Tarifkündigung. Ver.di: Vorerst keine Streiks
BERLIN dpa/rtr ■ Die angestrebten Arbeitszeitverlängerungen in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen geraten immer mehr in die Kritik. Die Kommunen wollen nicht dem Beispiel Bayerns folgen, im öffentlichen Dienst eine Wochenarbeitszeit von 42 Stunden festzulegen. Der Kommunale Arbeitgeberverband forderte am Wochenende vielmehr eine Flexibilisierung.
DGB-Chef Michael Sommer und der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering kritisierten den bayerischen Weg als falsch und unzeitgemäß. Ver.di will allerdings vorerst keine Streiks gegen die geplante Arbeitszeitverlängerung organisieren. Streiks werde es erst Ende des Jahres geben, wenn die Verhandlungen zur Tarifrunde 2005 starten, sagte Ver.di-Sprecher Harald Reutter gestern.
Die Tarifgemeinschaft der Bundesländer hatte den Arbeitszeit-Tarifvertrag für Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes gekündigt. Bayern beschloss zuerst die Einführung der 42-Stunden-Woche. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg müssen neu eingestellte Landesbedienstete ab 1. Mai 41 Stunden arbeiten. Hessen strebt eine Angleichung der Arbeitszeit von Beamten (42 Stunden) mit der von Angestellten und Arbeitern (38,5 Stunden) an.
Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Sommer, unterstützte den Widerstand der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. In der Berliner Zeitung griff er Bayerns Regierungschef Edmund Stoiber (CSU) an. Arbeitszeitverlängerungen führten zu mehr Arbeitslosigkeit und zu Lohneinbußen. Müntefering sagte im ZDF, Stoibers Vorschlag führe in Wahrheit zu einer Absenkung des Stundenlohns. „Da verstehe ich, dass die Gewerkschaften empört sind.“ Auch SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter kritisierte Stoiber: „Also, einfach die Arbeitszeit in der Weise zu verlängern, wie Herr Stoiber das vorsieht, das ist eine plumpe und primitive Lohnkürzungsvorgabe, die nichts damit zu tun hat, was wir heute brauchen“, sagte Benneter. Auch im öffentlichen Dienst seien flexiblere Arbeitszeiten nötig. „Wenn man das durchsetzen will, bin ich sicher, dass auch hier die Gewerkschaften mitmachen.“