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Archiv-Artikel

Mehr Fisch fürs Land

Nordseefischer sollen Kabeljau nicht mehr als Müll über Bord werfen. Ihre Belohnung: höhere Fangquoten

STOCKHOLM taz ■ Jeder zweite Fisch, der in den Netzen der EU-Fischer gefangen wird, landet nicht auf dem Teller, sondern wandert zurück ins Meer. Mal stimmt die Größe nicht. Mal ist die Sorte „falsch“. Am Freitag versprachen die EU-Fischereiminister in Brüssel, etwas gegen diese Ressourcenverschwendung zu tun – wenn auch nur langsam.

Bis 2012 soll ein allgemeines Rückwurfverbot „geprüft“ werden. Erzwungen hat dieses Umdenken Norwegen. Das Land ist zwar nicht Mitglied der EU, räumt deren Fischern aber alljährlich Fangrechte in seinen Gewässern ein. Und Oslo hat schon vor Jahren den Rückwurf verboten. Denn einmal an Bord geholt, sind viele Fische bereits tot.

Nachdem jahrelange Appelle, ein Verbot einzuführen, nichts bewirkt hatten, drohte die norwegische Fischereiministerin Helga Pedersen: Entweder Brüssel unternimmt endlich etwas oder Norwegen entzieht den EU-Fischern die Fangrechte. Zur Bekräftigung ließ Oslo auch die eigentlich schon für November geplante Unterzeichnung eines neuen Fischfangabkommens platzen. Es hat gewirkt.

Bereits ab dem 1. Januar 2009 wird das Highgrading verboten. Highgrading heißt: Fischer werfen kleine Exemplare von einmal gefangenen Fischen wieder über Bord, sobald sie größere der gleichen Sorte ins Netz bekommen, die mehr Geld bringen. „Das ist eine perverse Praxis“, sagt Rasmus Hansson, Chef vom WWF Norwegen: „Es handelt sich um Essen, nicht um Müll.“

Das norwegische Modell: Was ins Netz gelangt, muss auch an Land gebracht werden. Unbeabsichtigter Beifang ist in gewissen Mengen erlaubt, muss aber der Fangbehörde sofort gemeldet werden. Und führt dieser Beifang dazu, dass die Fangquoten überschritten werden, kann ein allgemeiner Fangstopp verhängt werden. Norwegen hat auch strenge Kontrollen eingeführt. Das Fischereiministerium schätzt, das der Rückwurf so um 90 Prozent zurückgegangen ist.

In der Erwartung, dass nun auch die EU Rückwürfe ahndet, erklärte sich Norwegen zu einer Erhöhung der EU-Kabeljaufangquoten in der Nordsee um 30 Prozent bereit. Und so haben die EU-Agrarminister diese auch für 2009 beschlossen. „Ein riskantes Spiel“, findet die WWF-Fischexpertin Karoline Schacht – „der Beifangaktionsplan ist noch nicht erprobt.“ REINHARD WOLFF