Terrorschüler machen sich künftig strafbar

Schäuble und Zypries einigen sich auf ein Gesetz, dass Handlungen weit im Vorfeld eines Anschlags strafbar macht

BERLIN taz ■ Der Aufenthalt in terroristischen Ausbildungslagern soll künftig ebenso strafbar werden wie die bloße Kontaktaufnahme zu al-Qaida. Nach fast zweijährigem Ringen haben sich Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) doch noch auf einen konkreten Gesetzentwurf geeinigt. Mit drei neuen Strafparagrafen zielt die Bundesregierung auf terroristische Vorbereitungshandlungen.

Im Vorfeld konkreter Anschläge war bisher vor allem die Unterstützung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung strafbar (Paragraf 129a). Da islamistische Terroristen sich meist aber nicht als feste Vereinigung à la RAF organisieren, sollen die neuen Paragrafen auch Einzeltäter, Zweiergruppen oder lose Netzwerke erfassen.

Ein neuer Paragraf 89a stellt künftig die „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ unter Strafe. Erfasst wird das Erlernen von Anschlagstechniken sowie die Beschaffung von Sprengstoff und Grundstoffen oder Finanzmitteln. Strafbar ist dies jeweils nur, wenn die konkrete Absicht besteht, einen Anschlag vorzubereiten. Allerdings werden die Gerichte einen solchen Vorsatz in der Regel aus den konkreten Handlungen schließen, wenn der Verdächtige keine sehr guten Gegenargumente hat. Der Strafrahmen beträgt sechs Monate bis zehn Jahre.

Umstritten war zuletzt vor allem der neue Paragraf 89b. Hier geht es um die „Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“. Danach soll jeder bestraft werden, der zu einer Terrorgruppe Kontakt aufnimmt, um sich in Anschlagstechniken unterrichten zu lassen. Unklar war lange, ob auch hier bereits die Absicht bestehen muss, einen konkreten Anschlag zu begehen. Justizministerin Zypries hatte dies gefordert, Innenminister Schäuble wollte den Ausbildungsvorsatz ausreichen lassen. Die Formulierung des Entwurfs ist immer noch so zweideutig wie vor zwei Monaten, als beide Seiten sagten, sie hätten sich durchgesetzt. Wenn der Entwurf im Bundestag nicht geändert wird, müssen die Gerichte die Bestimmung auslegen. Vorgesehen ist hier eine Geldstrafe oder Haft bis zu drei Jahren.

Noch weiter im Vorfeld einer konkreten Tat wirkt der geplante neue Paragraf 91, der die „Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ verbietet.

Hiernach ist schon strafbar, wenn terroristische Anleitungen, etwa zum Bombenbau, ins Internet gestellt werden. Anders als bei früheren Strafvorschriften kommt es nicht darauf an, dass der Täter die Absicht hat, damit Gewaltdelikte zu fördern. Es genügt schon, dass die Umstände geeignet sind, solche Anschläge zu fördern, zum Beispiel weil die Bombenbauanleitung auf einer Seite mit islamistischer Hetzpropaganda steht.

Ebenfalls in Paragraf 91 wird künftig auch das Herunterladen solcher Anleitungen unter Strafe gestellt. Hier ist allerdings eine konkrete Absicht, dies für Anschläge zu benutzen, erforderlich. Neugierige Jugendliche, Chemiker, Journalisten oder Verfassungsschützer sollen nicht bestraft werden.

Die neuen Terrordelikte sollen vor den Staatsschutzsenaten der Oberlandesgerichte verhandelt werden. Die Bundesanwaltschaft kann die Ermittlungen an sich ziehen. Verdächtige können schon ohne Verurteilung ausgewiesen werden. Auch die Wiedereinreise nach dem Besuch eines Terrorlagers soll verhindert werden können.

Das Bundeskriminalamt ist im Vorfeld von Straftaten damit bald doppelt zuständig: einerseits nach den neuen Strafvorschriften, andererseits präventiv nach dem veränderten BKA-Gesetz, dem am Freitag auch der Bundesrat zustimmte.CHRISTIAN RATH