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Archiv-Artikel

Anmutungs-Dings

„Einfach anstoßen“: Heute wird im Speicher XI die Ausstellung Produktdesign eröffnet. Neun Firmen haben Holzkisten mit ihren Produkten bestückt. Museale Anmutungen sucht man vergebens

Holzkisten stehen auf dem Flur. In ihnen sind Gebrauchsgegenstände: Brillen, Türklinken, ein Drehstuhl, eine Lampe. Auf dem Rücken der Kiste stehen Fragen wie: „Warum verändert sich Design?“ oder „Wie Design beurteilen?“

Die Ausstellung „Produktdesign“ der Bremer Design GmbH gibt hierauf keine Antworten. Sie möchte „einfach anstoßen“, sagt Marion Godau, die gemeinsam mit dem Werkbund Nord und der Wiege GmbH das Konzept für die Ausstellung entworfen hat. Fast alles, was einen umgibt, sei designt, meint sie, die Rolle des Designs in unserem Leben sei enorm. Sein Einfluss werde „häufig verkannt, häufig über-, aber noch häufiger unterschätzt“. Wie wäre er denn aber richtig einzuschätzen? Heinz-Jürgen Gerdes, Geschäftsführer der Bremer Design GmbH, verrät es: „Design ist Bestandteil unserer Alltagskultur und Profilierung“. Geht doch.

Professionell wie IKEA im Miniformat wirkt die Ausstellung, schnörkellos kühler Pragmatismus. Trotzdem sei der „dogmatische Impetus“, mit dem Design oft vermittelt werde, fehl am Platze, sagt Marion Godau, eine verbindliche Ästhetik nicht existent. Die Ausstellung sei „was zum Anfassen. Wir wollen weg von etwaigen musealen Anmutungen.“

Schon 2003 ist ein Buch von Godau erschienen, das der Ausstellung im Speicher XI zugrunde liegt. Eine Design-Fibel sollte es werden, ein Wegweiser in diesen oft „verwirrenden Gegenden“. Es liest sich indes wie eine illustrierte Werbebroschüre mit theoretischem Background. Kenntnisreiche Erläuterungen etwa zur Industrialisierung treffen unsanft auf sprachliche Aussetzer in anderen Kapiteln: „Französische Kunden kaufen mehr Tintenroller als in Deutschland.“

Wettgemacht wird ein solcher Fauxpas durch das immense Statistikwissen, das der Satz vermittelt. Dann wird auf zehn Seiten ausgebreitet, mit welcher Raffinesse die Firma Lamy ihre Stifte entwirft. Der eine Griffel imponiert mit „robuster Anmutung“, ein zweiter besticht durch „elegante Anmutung“.

Wieviel Anmutung auf dem Gebiete der „Griffdicke, Haptik und Schwere des Stiftes“ möglich ist, mag den Laien erstaunen. Für Godau ist es ein willkommener Anlass, anerkennend hervorzuheben, dass „nicht wenige Wert auf den persönlichen Ausdruck legen und kurze Texte schon mal per Hand schreiben“. Donnerschlag. Jeder persönliche Ausdruck ist die Angriffsfläche des Designs. Vorsicht ist angebracht. Robert Best

bis zum 23.5., Mo-Fr 10-18 Uhr, Eröffnung heute, ☎ [](0421) 3388116. Das Buch von Marion Godau: „Produktdesign“ unter ISBN 3764305118 20