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Archiv-Artikel

Lear ist müde

In Angela Richters Shakespeare-Interpretation gieren des Königs Töchter nach der Macht

Von TM
„Lear. Ungehorsam, unfreiwillig.“ Sophiensaele. Premiere Dienstag, 2. Juni, 20 Uhr

Mit dem Alter sollte man doch anfangen, sich auch für diese Dinge zu interessieren, die noch vor einer halben Generation weihevoll als Hochkultur bezeichnet wurden. Denn das wussten bereits die ollen Lateiner: Ars longa. Die Kunst ist lang, während so ein praktiziertes Punkerleben mit einem weit geringer ausgezeichneten Haltbarkeitsdatum versehen ist. Die Schlaueren der Zunft wissen das und gucken sich deswegen neugierig in der Kunstsparte um, in der die anarchische Schaffenslust und die Kulturförderung aus der öffentlichen Hand etwas näher beieinander liegen – dem Theater. Neue Spielwiese auch für die Musiker der Goldenen Zitronen. Schorsch Kamerun gab gerade mit dem Spektakel „Macht fressen Würde“ im Schauspielhaus Zürich eine Kostprobe als Autor, Regisseur und Performer. Etwas ortsnäher (und bescheidener) lässt sich jetzt in den Sophiensaelen hören, was sein Goldie-Kollege Ted Gaier für die Bühnenbretter macht. Denn von ihm kommt die Musik zu dem „Lear“-Projekt der Hamburger Regisseurin Angela Richter, die den klassisch blutigen Shakespeare-Stoff doch mit neuen Konfliktlinien gesäumt hat. Eine Art theatralisches Gender-Mainstreaming, gewissermaßen. Bei Angela Richter ist der alte Lear seiner Macht überdrüssig geworden und will nur mehr die Präsidentenrolle spielen, während stattdessen seine Töchter gierig ihre Hände nach der Macht ausstrecken. Und damit natürlich wieder die klassische Chose von Zorn, Streit und Tod anrichten. Nach der heutigen Premiere ist „Lear. Ungehorsam, unfreiwillig.“ noch vom Donnerstag, 5., bis Montag, 9. Juni, sowie Mittwoch, 11., bis Samstag, 14. Juni, zu sehen. Karten zu 13 (ermäßigt 8) Euro gibt es unter ☎ 2 83 52 66. TM