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Archiv-Artikel

■ Einigen war die taz zu kirchennah, anderen erschien sie geschmacklos antiklerikal Das war der Kirchentag

betr.: „Vergesst diese Ökumene“, kirchentaz vom 28./29. 5. 03

Das wundert mich denn ja doch, Folgendes zu lesen: „Beiden Kirchen fehlt eine Idee, wie Politik nach biblischen Maßstäben organisiert werden kann.“ Hat nicht gerade die taz of genug über den Einfluss der Kirchen auf die Politik dieses Staates geschimpft – zu Recht! –, der sich immerhin säkular nennt? Hat nicht auch gerade die taz immer wieder darauf verwiesen, wie viel säkularer eigentlich Frankreich ist, trotz der starken katholischen Kirche dort?

Gerade anlässlich des Kirchentages wäre es angebracht gewesen, genau dieses Verhältnis (Christen/Kirche/Staat/Politik) detaillierter zu untersuchen. Der Artikel von Berhard Pötter bietet ausreichende Ansatzpunkte dazu, von den Friedensappellen bis hin zu fehlenden Positionen zum Thema Sozialabbau/-umbau. Was jedoch fehlt, ist eine Betrachtung dessen, was eine Besetzung dieser Themenbereiche durch die christlichen Kirchen für gesellschaftliche Auswirkungen haben könnte. Ob eine solche religiöse gesellschaftliche Bewegung für einen säkularen Staat sinnvoll und wünschenswert ist. INGA BÜHLER, Heide

betr.: „Gegen die Kriege der anderen“, taz vom 30. 5. 03

Mag sein, dass die Kirchen manchmal zu nahe an die jeweiligen Machthaber heranrücken und zu unkritisch mit Regierungen umgehen. Aber im Falle der USA haben die „konkurrienden protestantischen Kirchen“ den Kriegskurs der Regierung Bush fast durchgehend abgelehnt. Die Methodisten, die Heimatkirche Bushs, haben bis zu letzt verzweifelt versucht, ihr Gemeindemitglied zur Umkehr zu bewegen, sind aber von Bush nicht mal zum Gespräch empfangen worden. Episcopals in den USA, Anglikaner in Kanada, Reformierte und Lutheraner in ganz Nordamerika haben sich mit Vehemenz gegen jeglichen Krieg ausgesprochen, sind aber ebenfalls von Bush nicht empfangen worden. Nur eine kleine Minderheit fundamentalistischer Kirchen hat Bush unterstützt – weil der Islam ihnen ein Todfeind ist.

STEPHAN WAGNER, Vikar in der Lutherischen GemeindeSt. Paul, Yorkton, Saskatchewan, Kanada

betr.: Die Wahrheit vom 28. 5. 03

Die Kahl-Karikatur ist geschmacklos und obszön und lässt den Schluss zu, dass der Zeichner in einer infantil-spätpubertären Entwicklungsphase stehen geblieben ist. Diese Karikatur hat mit Satire nichts (mehr) zu tun, sie beleidigt vielmehr grundlos alle gläubigen Christen in ihrem religiösen Empfinden, und sie diffamiert auf mehreren Gebieten (alternde Frau als hässliche Person, sterbender Christus als geiler Mann). Ich schreibe diese Zeilen als Nichtchrist. Der taz-Redaktion empfehle ich: Wenn sie schon auf diesem Niveau provozieren will, dann sollte sie es doch einmal mit dem Islam versuchen: Sie würde sich damit selbst auch einen Kick verpassen und könnte gespannt darauf warten, ob ihre Provokation zur Verhängung eines Todesurteils über sie durch einen Ajatollah ausreicht. ERHARD JÖST, Heilbronn

Ist es möglich, dass Wiglaf Droste einmal seinen Mund hält? Und zwar genau dann, wenn es um Christen geht? Es ist kaum zu glauben, dass so ein Text in einer liberalen und linken Zeitung wie meiner geliebten taz veröffentlicht wird, der zu Genozid und Verfolgung Andersdenkender auffordert.

DANIEL MEYER, Buenos Aires, Argentinien

betr.: „Die Amtsfrage“ (Debatte), taz vom 31. 5./1. 6. 03

Warum Britta Baas die „Initiative Kirche von unten“ (IKvu), ein buntes Netzwerk von immerhin fast 40 Basisgemeinden, Gruppen und Initiativen und einem paritätisch besetzten SprecherInnenteam, als „männerdominierte Bewegung“ meint beschreiben zu müssen, bleibt den taz-LeserInnen verborgen. Dass die IKvu jedoch angeblich „lieber diplomatische Annäherungsgespräche mit Bischöfen“ führt, als sich mit den „Priesterinnen“ und der „Donauweihe“ zu beschäftigen, ist schlichtweg falsch: Die Sprecherin der „Weihekandidatinnen“, Dr. Gisela Forster, war im Frühjahr 2002 Gast der Delegiertenversammlung der IKvu, im Herbst 2002 gab es ein ausführliches Publik-Forum-Gespräch zwischen Forster, Annegret Laakmann (Wir sind Kirche) und mir (IKvu). Als im letzten Jahr klar wurde, wie unseriös die Umstände der „Priesterinnenweihe auf Donauwellen-Niveau“ (so die altkatholische Priesterin Dr. Angela Berlis) waren, hat sich die IKvu von der konkreten Aktion distanziert. THOMAS WYSTRACH, Bonn

betr.: „… nahm das Verbot, brach’s“, taz vom 31. 5./1. 6. 03

„Und als wolle man es sich nicht ganz mit dem Papst verderben, gaben die katholischen Reformgruppen als Organisatoren des ökumenischen Abendmahls klein bei, als die Amtskirchen ihnen bedeuteten, dieser Gottesdienst dürfe nicht zum offiziellen Kirchentagsprogramm gehören.“ So las ich in Ihrem Beitrag. Ich wäre der Autorin für die Auskunft dankbar, worin das „Kleinbeigeben“ bestanden haben soll. Als dem Vorsitzenden des gemeinsam mit der ev. Gemeinde die Gottesdienste veranstaltenden Arbeitskreises ist mir davon nichts bekannt.

CARL-PETER KLUSMANN, Dortmund

betr.: Interview mit Gregor Gysi, taz vom 31. 5./1. 6. 03

Sehr geehrter Herr Gysi, Sie sind der Meinung, die Kirchen hätten heute zu wenig Einfluss in der Gesellschaft, und Sie sagen: „Mit welcher Selbstverständlichkeit wir in der Gesellschaft inzwischen Armut akzeptieren! Da sind derzeit die Kirchen die Einzigen, die das noch relativ wirksam in Frage stellen.“ Sie sehen also im Moment keinerlei wirksamen Ansatz einer säkularen Kritik des Sozialabbaus. Heißt das aus Ihrer Sicht, die PDS hat sich politisch erledigt? Was ist Ihre politische Schlussfolgerung aus dieser Einschätzung? Massenhafter Eintritt in die Kirchen zur Verhinderung des vollkommenen sozialen Kahlschlags? Oder politisches Engagement, trotz alledem – und wenn ja, wo? ELISABETH VOSS, Berlin

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzung von LeserInnenbriefen vor.Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.