: Ein Viertel zu viel
Stadtteilarchiv Ottensen warnt mit offenem Brief vor den Folgen einer Etat-Kürzung bei den Hamburger Geschichtswerkstätten: Sterben auf Raten angeblich absehbar
Das Stadtteilarchiv Ottensen hat in einem offenem Brief dem Eindruck widersprochen, mit dem gemilderten Sparmodell des Senats seien die Hamburger Geschichtswerkstätten gerettet. Die geplante Streichung von 25 Prozent der Förderung komme einer Halbierung des Etats für das Personal gleich, weil die übrigen Kosten konstant blieben: An den Mieten, Betriebskosten, Versicherungen sowie der Instandhaltung der historischen Gebäude und Maschinen lasse sich nicht sparen. Der Sparplan ziehe daher „ein Absterben auf Raten“ nach sich.
Die ehemalige Kultursenatorin Dana Horáková hatte ursprünglich geplant, die Förderung der 14 Geschichtswerkstätten auf Null zu setzen. Nach öffentlichen Protesten entschied Bürgermeister Ole von Beust (CDU): Statt auf den Gesamtetat von 539.000 Euro müssen die Geschichtswerkstätten nur noch auf 139.000 Euro verzichten. In das geplante Seefahrtsmuseum dagegen wird die Behörde 30 Millionen Euro investieren.
Das Ottenser Archiv sieht sich nach eigenen Angaben gezwungen, seinen drei Teilzeit-MitarbeiterInnen zum zweiten und dritten Quartal zu kündigen. Im letzten Quartal werde sich der Verein ausschließlich auf ehrenamtliche Arbeit stützen müssen. Aufgaben wie Schulklassenbetreuung und thematische Stadtteilrundgänge könnten nicht mehr erfüllt werden. Die Öffnungszeit der historischen Drahtstiftefabrik müsste auf zwei Tage beschränkt, das Forschen, Sammeln und Publizieren reduziert werden.
Nach Ansicht des Vereins bedroht das „die kulturelle Lebendigkeit und Vielfalt der Altonaer Stadtteilkultur“. Insbesondere zugezogenen Bewohnern würden Möglichkeiten zur Identifikation mit dem Stadtteil genommen. Überdies würden die eigenen Einnahmen des Vereins stark zurückgehen. Das Stadtteilarchiv hoffe deshalb darauf, dass die Kürzung bei den anstehenden Haushaltsberatungen rückgängig gemacht werden, zumal von Beust die Geschichtswerkstätten in seiner Regierungserklärung unter die „vielfältigen Angebote, die in den Stadtteilen Kreativität und Dialog fördern“, gezählt habe. Gernot Knödler