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Archiv-Artikel

Wir retten die Welt

Bei der OLMUN 2003 simulieren Schüler aus Deutschland und Osteuropa eine Tagungswoche der Vereinten Nationen. Oldenburgs Gymnasien werden dabei zum diplomatischen Parkett

Fast alle Delegationen haben sich der Meinung der USA angeschlossen

taz ■ Krisensitzung im Weltsicherheitsrat. Nordkorea hat nahe der südkoreanischen Grenze eine Atombombe gezündet. Eine offene Provokation, Seoul ist in Alarmbereitschaft. Derweil treffen die Mächtigen im UN-Sicherheitsrat zusammen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Von der amerikanischen Delegation hagelt es schwere Vorwürfe gegen das Regime in Nordkorea. Selbst der Abgesandte aus China warnt vor der Gefahr, die von Nordkorea ausgeht.

Der Chinese ist strohblond, keine 20 Jahre alt und sitzt im Alten Landtag von Oldenburg. Um ihn herum diskutiert ein gutes Dutzend weiterer Teenager, alle etwa im gleichen Alter. Die Tische zieren kleine Länderflaggen, Laptops und jede Menge Papierkram.

An der Hunte findet diese Woche zum dritten Mal OLMUN statt, die „Oldenburg Model United Nations“. 500 Oberstufenschüler simulieren vier Tage lang eine Sitzung der Vereinten Nationen. Dabei sind viele Deutsche, aber auch Gäste aus Russland, Polen und anderen osteuropäischen Staaten. Das Motto der OLMUN: „Oil and water – sources of life – sources of conflict“. Es geht also um natürliche Ressourcen. Die Nachwuchspolitiker treffen sich noch bis Freitag in den Oldenburger Innenstadtgymnasien, um das Thema in seine Einzelaspekte zu zerlegen. Denisa Streublová sitzt im „Disarmament Committee“ in der Cäcilienschule. Die Grupppe diskutiert die Gefahren, die dem Trinkwasser durch chemische und biologische Kriegsführung drohen.

Denisa hat sich aus dem Gespräch ausgeklinkt. Sie kommt aus Prag, ist am Montag nach zehn Stunden Zugfahrt endlich in Oldenburg eingetroffen, mag die Schönheit der Stadt, findet die OLMUN aber bislang enttäuschend: „Das ist fast schon Zeitverschwendung hier. Die Leute wechseln ständig ihre Meinung, ohne auf ihren Resolutionen zu beharren“, sagt die 18-Jährige. Zusammen mit zwei Mädchen und einem Jungen aus ihrer Schule hat die Tschechin die Aufgabe übernommen, Brasilien zu repräsentieren. Bei der OLMUN gilt: keiner darf für sein eigenes Land sprechen. Manchmal holt die Realität hier auch die Simulation ein: „Vorhin haben sich fast alle Länderdelegation der Meinung der USA angeschlossen. Das ist frustrierend“, klagt Denisa.

Anderswo herrscht bessere Laune. Ole Seidenberg ist mit zwei Kumpels aus Hamburg angereist, um das Komitee für Menschenrechte zu moderieren. „Wir haben heute über den Konflikt zwischen Israel und Palästina gesprochen. Und über die Rolle, die das Wasser darin spielt. Bisher sind drei Resolutionen verabschiedet, von denen eine am Freitag in die öffentliche Generalversammlung kommt“, sagt der Jurastudent. In den vergangenen Jahren hat Ole schon in St. Petersburg, Berlin und Holland ähnliche Veranstaltungen besucht. Neben den politischen Themen gefällt ihm vor allem, dass hier alles seine Ordnung hat: Sämtliche Gespräche laufen in perfektem Englisch, diplomatische Verfahrensregeln werden peinlich genau eingehalten – und alle sehen gut aus.

Tatsächlich geistern in diesen Tagen hunderte schnieke gekleidete Teenager durch die City – darunter auch einige Idealisten. Mitveranstalterin Meike Wübbenhorst sieht in solchen Veranstaltungen die „Chance, die UNO so wieder herzustellen, wie sie war, ehe sie von den USA kaputt gemacht wurde.“ Daneben hat ihr Engagement aber auch pragmatische Gründe. Meike: „Sowas macht sich natürlich total gut im Lebenslauf.“

Torben Waleczek