hamburger szene
: Feuer spucken

Es begann nicht gut. Der Mann hinter der Bar sagte, er habe nur Longdrinks, keine Cocktails. Er fand die Frage, was das eine eigentlich vom anderen unterscheide, müßig. Es ist fahrlässig, Entscheidungsträger in den wenigen erfreulichen Bars Hamburgs gegen sich aufzubringen. Es gibt ja nur die Schnieken und die Hippen. Der Mann hinter der Bar gehörte zu einer Ausnahme, einer Art Holzschuppen mit kleiner Bühne, am Dach hingen bunte Glühbirnen. Es sah aus wie Walt-Disneys Hexenhaus auf Abwegen.

Ich weiß nicht, wie wir auf die Frage kamen, mit welcher Art von Tricks man Kinder belustigen kann. Der Barmann kannte sie alle. Er kam aus dem Ruhrpott und hatte das gewisse Selbstverständliche. Der Barmann sagte, er könne Feuer spucken und er tat es. Ich wollte es auch lernen, aber er gab mir nur Wasser zum Üben. „Man muss den Mund schließen und eine Art Wassernebel erzeugen“, sagte er. Ich erzeugte keinen Nebel. „Es wäre Verschwendung, dir Absinth zu geben“, sagte der Barmann, schluckte welchen, versprühte Absinthnebel und zündete ihn an. Er konnte auch die Flamme eines Feuerzeugs schlucken – ich konnte es nicht. „Ich habe noch nie jemanden so Untalentiertes gesehen“, sagte der Barmann.

Dann aß er Glas. Ich biss mit dem Zorn der Talentlosen in ein Sektglas. „Du musst es gut zerkauen“, mahnte der Barmann. Ich lobte ihn für seine Sachkenntnis. „Und wozu habe ich es damit gebracht?“, sagte er. „Ich stehe hier.“ FRIEDERIKE GRÄFF