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Archiv-Artikel

Autozulieferer geht in die Insolvenz

Finanzkrise fordert erste Opfer: Celler Unternehmen mit weltweit 2.100 Arbeitsplätzen pleite. Landesbanken wollen Stankiewicz nicht aus der Kreditklemme helfen. Land verweigert Bürgschaft. Produktion soll vorerst weiterlaufen

Arbeit gibt es angeblich genug, aber kein Geld für Investitionen. Deshalb stehen beim Autozulieferer Stankiewicz aus Adelsmanndorf bei Celle seit 15. Dezember die Bänder still. Nun hat die Firma nach wochenlangen Rettungsversuchen beim Amtsgericht Insolvenz angemeldet. Damit sind allein in Deutschland 1.250 Jobs bedroht. Weltweit sind bei dem zum niederländischen Finanzinvestor Gilde gehörenden Unternehmen mehr als 2.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Allein in Celle arbeiten 600 Menschen, in Hamburg, Hameln, Bad Friedrichshall, Straubing und im thüringischen Friedrichroda weitere 700.

Immerhin: „Nach einer ersten Analyse der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens gehe ich davon aus, dass Stankiewicz aufgrund einer soliden Auftragslage seine Kunden weiterhin beliefert“, sagte der zum Insolvenzverwalter bestellte Anwalt Christopher Seagon am Dienstag. Nach der derzeitigen „Betriebsruhe“ würden alle Werke am 12. Januar 2009 wieder planmäßig anlaufen, heißt es in einer Mitteilung. Die Versorgungssicherheit für die Kunden solle „in vollem Umfang aufrechterhalten werden“.

Im vergangenen Jahr erzielte Stankiewicz, das einst über den Hamburger Zulieferer Phoenix an Continental in Hannover weiterverkauft worden war, einen Umsatz von rund 270 Millionen Euro. Im Sortiment: Schallisolierungen für Motor- und Innenräume. In der Zuliefererbranche hat wegen der Auftragsflaute ohnehin Zähneklappern eingesetzt, aber die Firma aus Celle ist eine der Ersten in der Branche, die wegen der Finanzkrise tatsächlich kippeln. Weil neue Maschinen vorfinanziert werden mussten und Kunden wie Audi, BMW und Mercedes die Aufträge drosselten, kamen die Celler in Liquiditätsnöte. Angeblich geht es um nicht bediente Kredite in Höhe von sieben bis acht Millionen Euro.

Seit November verhandelt Stankiewicz mit Banken, dem Land Niedersachsen, Kunden und Lieferanten über ein Rettungskonzept. Nun hieß es in einer Mitteilung des Amtsgerichts, das Unternehmen sei pleite.

Das ist überraschend. Bei den Instituten handelt es sich um Landesbanken, die zum Teil schon vom Rettungsfonds profitiert haben, den die Bundesregierung bereitgestellt hat, damit die Industrie keine Liquiditätsprobleme bekommt. An dem Konsortium unter der Führung der Hessischen Landesbank, sind auch die Pleite-Bank IKB, die Landesbank Baden Württemberg, die Saar LB und die Nord/LB beteiligt.

Bislang hatten sie sich an ein Stillhalteabkommen gehalten. Noch vor zwei Wochen hatte alles nach Rettung ausgesehen. Das Land hatte zugesagt, die Vergabe von Bürgschaften zu prüfen. Das ist nun offenbar geschehen: Ergebnis negativ.

Die Schieflage in Celle war durch eine Indiskretion des ansonsten verschwiegenen Verbands der Automobilindustrie (VDA) an die Öffentlichkeit gekommen. Es dürfe „nicht sein, dass Arbeitsplätze gefährdet sind, nur weil einzelne Banken plötzlich auf die Kreditbremse treten“, hatte sich der VDA geärgert. KAI SCHÖNEBERG