: Demarkationslinien
Wie die Sorge um den Bildungserfolg die gesellschaftlichen Milieus auseinander treibt
„Die Klassenfrage ist heute keine Geldfrage mehr, sondern eine kulturelle Angelegenheit“, hat die Konrad-Adenauer-Stiftung herausgefunden. Das Auseinanderdriften der sozialen Milieus, so die Analyse in „Eltern unter Druck“, werde nicht direkt durch Geld bestimmt. Inzwischen sind Bildungskapital und Bildungsansprüche der Eltern zentrale Einflussfaktoren. Die Forscher entdecken zwischen den Milieus Demarkationslinien. „Die erste trennt sozial-hierarchisch die Ober- und Mittelschicht von den Milieus am unteren Rand der Gesellschaft.“ Als Schutzwall nach unten gelten „Bildung, Ernährung, Gesundheit, Kleidung und Medien“. Die zweite Demarkationslinie „verläuft soziokulturell und trennt die gehobenen Schichten voneinander“. Auch hier spielt Bildung eine wesentliche Rolle. Man besucht nicht irgendeine Privatschule, sondern eine elitäre. Der Boom der Privatschulen verstärke den Trend.
Dem widerspricht Ludwig Häußner vom Karlsruher Institut für Entrepreneurship. Der Druck auf die Eltern entsteht durch die schlechte Staatsschule – also fliehen manche in die Privatschule. „Nicht das ideologisch besetzte Gegensatzpaar öffentlich und privat ist das Problem, sondern die Finanzierung des ‚Objekts Schule‘. Die vom Staat zentral bewirtschafteten Schulen sind sozusagen die letzten ‚volkseigenen Betriebe‘.“ Häußner schlägt vor, mit Bildungsgutscheinen leistungsfähige frei-öffentliche Schulen aufzubauen. Dann könnten sich alle gute Schulen leisten – und nicht nur Wohlhabende. CIF
Nathalie Maibauer: „Eltern unter Druck“. Diplomarbeit. Stuttgart 2008. Educational Entrepreneurship, Karlsruhe 2006