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Archiv-Artikel

Opernhäuser wollen Jugendliche locken

Trotz knapper Geldmittel leisten sich die Musikbühnen in NRW Theaterpädagogen und jugendgerechte Programme. Doch die Arbeit zahlt sich nicht aus. In einigen Häusern fehlt bereits eine komplette Zuschauergeneration

Klassik aus Werbefilmen, musikalische Kinderbetreuung und Mitmach-Angebote für Jugendliche: Die Opern in NRW setzen immer mehr auf Event-Angebote, um junge Zuschauer für sich zu gewinnen. Gegen Kino, Kneipe und Computer sollen jetzt schräge Programme konkurrieren.

„Alle Bühnen, auch die nordrhein-westfälischen Opernhäuser, bemühen sich intensiv um ein junges Publikum“, sagt Rolf Bolwin, Geschäftsführer des Deutschen Bühnenvereins in Köln. Doch die Kampagne reiche nicht aus: Nach einer Umfrage von Bühnenverein, Universität Düsseldorf und des Forschungsinstituts Skopos herrscht bei Jugendlichen zwischen 16 und 29 Jahren ein großes Desinteresse an Oper und Theater. 77,7 Prozent der Befragten gehen lieber ins Kino, rund 50 Prozent ziehen Videoclips oder -filme den Bühnen vor. Deshalb beschäftigen knapp die Hälfte der NRW-Musikhäuser trotz schwindender Geldmittel Theaterpädagogen und setzen vermehrt auf Eventangebote.

Ungewöhnlich präsentieren sich vor allem die großen Häuser in Köln, Düsseldorf/Duisburg, Essen, Aachen und Bielefeld. Vorreiter ist Köln: Die Oper besitzt schon seit zehn Jahren Kinder- und Jugendprogramme. Bei beliebten „Einsteigerstücken“ sitzt heute auf jeden fünften Zuschauersitz ein Schüler, Azubi oder Student. Sprecherin Djamak Homayoun ist stolz: „Der Erfolg geht auf unsere kontinuierliche Schülerarbeit zurück.“ Die Düsseldorfer Symphoniker ermutigen zum Mitmachen: Musiker und Schüler wollen im Mai gemeinsam das russische Märchen „Das Buckelpferd“ inszenieren. Klassik aus Werbefilmen soll die Jugend in Essen begeistern. „Unsere Kombination von vorgeführten Werbetrailern und anschließender Orchesterinterpretation des klassischen Musikstückes ist sehr erfolgreich“, sagt Musiktheater-Sprecherin Azita Mortazawio. „Musik, voll fett“ lautet das Motto in Bielefeld, wo sich Schüler bei den Proben zwischen die Musiker setzen und dem Orchester lauschen können. Orchester-Geschäftsführer Tilmann Böttcher sagt: „Mit solchen kleinen Aktionen erzielen wir eine große Wirkung.“ Der Bundesverband der Theaterpädagogen beobachtet seit längerer Zeit die Entwicklung in den NRW-Musikhäusern mit Sorge. Erst sehr spät hätten die Opernhäuser erkannt, dass kaum junge Besucher kommen und dass das Publikum durch Überalterung langsam schrumpft, heißt es dort. In einigen Häusern fehlt sogar eine komplette Zuschauergeneration. SALVIO INCORVAIA/dpa