Die Bernauer Straße ist fällig

Ab 2006 fährt eine Tram durch die Bernauer Straße bis zum Hauptbahnhof. Seit gestern werden daher Bäume gefällt. Die Allee soll aber später neu gepflanzt werden

Erst kamen die Anwohner der Bernauer Straße nicht weg, weil die Mauer im Weg stand. Dann, weil die Nahverkehrsanbindung fehlte. Dank einer Tram kommen sie aber ab Frühjahr 2006 endlich gut weg. Die wird die Bernauer Straße wie auch den Prenzlauer Berg und Friedrichshain mit dem Hauptbahnhof-Lehrter Bahnhof verbinden. Schlecht weg kommen dabei die Bäume der Allee: Die werden seit gestern gefällt, um die Bauarbeiten zu ermöglichen.

Dafür musste sich Landschaftsgärtner Joachim Plümke auch ausgiebig beschimpfen lassen. Dabei kann der am wenigsten dafür, dass die Bernauer Straße ein neues Gesicht bekommt. Stattdessen ist ihre Erschließung Folge jahrelanger Diskussionen, ehemalige Ost- und Westbezirke verkehrstechnisch besser miteinander zu verknüpfen.

Endstation der Tramlinie 20 ist bisher die Haltestelle „Eberswalder Straße“ am Jahn-Sportpark. Die 20 kommt von der Warschauer Straße und passiert das Frankfurter Tor, um dann über die Danziger bis zur Eberswalder Straße zu gelangen. Die erweiterte Strecke soll dann die Bernauer Straße entlang, am Nordbahnhof vorbei, durch die Invalidenstraße bis zum neuen Hauptbahnhof führen.

Petra Reetz, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, bezifferte die Gesamtkosten des Projekts auf 30 Millionen Euro. „Bei solchen Projekten kann man das ziemlich genau errechnen.“ Fahrgäste, die hoffen, dass schon vor 2006 eine Teilstrecke bis Nordbahnhof eröffnet wird, muss Reetz enttäuschen: „Wir müssen erst eine Wendeschleife am Lehrter Bahnhof bauen, damit die Straßenbahn auch wieder zurückfahren kann, vorher ist kein Betrieb möglich.“

Anderen Tram-Verbindungen Richtung Westen erteilte Reetz eine Absage: „Die Projekte liegen erst mal auf Eis.“ Die Verlängerung der Linie 20 sei das wichtigste Projekt. „Wir haben hier einen echten Bedarf, also genug Passagiere. Es entsteht eine Verbindung zum ersten Berliner Kreuzungsbahnhof – dem neuen Hauptbahnhof.“

Die vor längerer Zeit erwägten Strecken von der Oberbaumbrücke zum Herrmanplatz und vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz würden in naher Zukunft keinesfalls realisiert. „Für das Geld muss in den kommenden Jahren erst mal das schon bestehende Netz saniert werden.“

Dass in der Bernauer Straße fast alle Bäume weichen müssen, erklärte Reetz mit den aufwändigen Gleisarbeiten: „Es muss ein stabiler Unterbau für das Gleisbett geschaffen werden – wie für einen richtigen Zug.“ Zudem würden Versorgungsleitungen gelegt. „Die Bäume, die rechts und links der Straße stehen, müssen wir fällen, da sie die Baumaßnahmen sowieso nicht überstünden – wir graben ihnen das Wasser ab.“

Schon vor zwei Jahren habe es eine Analyse des Pflanzenschutzamtes gegeben, nach der die Bäume nicht in bestem Zustand seien. „Die stehen da schon 30 bis 40 Jahre – länger macht ein Baum in Berlin nicht.“ Sie betonte aber, dass diese durch neue ersetzt würden, wenn die Bauarbeiten abgeschlossen seien. „Die erhalten dann bessere Pflanzenkanäle als bisher, sodass sie länger stehen können.“ Bäume würden in Berlin öfter ausgetauscht, außergewöhnlich sei nur, dass diesmal ein ganzer Straßenzug dran glauben müsse.

Laut Ankündigung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wurde sogar an die Vögel gedacht, die zur Zeit dort nisten. Ein Ornithologe habe alle benisteten Bäume gekennzeichnet. Diese sollen trotz Bauarbeiten bis zum Herbst stehen bleiben. Die anderen Bäume werden bis zum 30. April aus der Bernauer Straße verschwunden sein. Dann kann mit den Bauarbeiten begonnen werden. MARTIN KAUL,

CHRISTIAN VATTER