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Archiv-Artikel

Für Katholiken sind Frauen kein Thema

Nordrhein-Westfalens Wissenschaftsministerium kappt den Bonner Lehrstuhl für katholische Frauenforschung: Die Theologie sei nicht genug ausgelastet. Das Uni-Rektorat und der Kölner Kardinal Meisner stimmen gerne zu. Akademikerinnen empört

von PASCAL BEUCKER

Blickt sie nach Bonn, packt Irmtraud Fischer so etwas wie heiliger Zorn. Eine „unheilige Allianz“ habe sich dort zusammengefunden.

Sieben Jahre lang lehrte Fischer als ordentliche Professorin für Altes Testament und theologische Frauenforschung an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn. Sie war die erste Inhaberin dieses Lehrstuhls. Und wird wohl auch die letzte sein. Denn die Österreicherin hat eine Berufung nach Graz erhalten – und das nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium eine Chance zum Sparen: Die Professur kann aufgelöst werden.

Das Ministerium begründete seine Entscheidung, der auch das Rektorat der Universität Bonn und der Kölner Kardinal Joachim Meisner zustimmten, mit der „dramatisch gesunkenen“ Auslastung der Bonner katholischen Theologie. Diese habe im Wintersemester 2002/2003 nur bei 46 Prozent gelegen und sinke seither weiter. Deswegen solle der Lehrstuhl nach dem Abgang Fischers, die am 1. März zum Grazer Institut für Alttestamentliche Bibelwissenschaft wechselte, nicht wieder besetzt werden. Die Professorinnenstelle werde indes vermutlich der Frauenforschung in einem anderen Bereich als der Theologie zugute kommen. Damit bleibt bundesweit nur ein einziger derartiger Lehrstuhl in Münster übrig.

Doch damit wollen sich Fischer und ihre bisherigen Mitarbeiterinnen nicht abfinden. Immerhin hätten engagierte Akademikerinnen beinah ein Jahrzehnt für diesen Lehrstuhl gekämpft, erinnern sie in einer Protesterklärung. Es sei „eine kurzsichtige Politik, wenn ausgerechnet der Theologie, in der die Frauenfrage die längste Zeit nahezu komplett ausgeblendet wurde, die Unterstützung zu einem Zeitpunkt entzogen wird, an dem in den Religionen in der Frage der Geschlechtergerechtigkeit ein Trend zum Rückschritt feststellbar ist“.

Dass Kardinal Meisner der Sparmaßnahme zugestimmt hat, verwundert die Frauen dabei nicht. Der erzkonservative Gottesmann habe schließlich „nie einen Hehl daraus gemacht, dass er universitäre theologische Frauenforschung für verzichtbar hält“. Eine sehr diplomatische Formulierung.

Die Bereitwilligkeit der Wissenschaftsbehörden, die theologische Frauenforschung aufzugeben, zeige „das mangelnde Bewusstsein dafür, dass die Religionen heute wiederum eine unheilvolle Rolle in Bezug auf die Gleichberechtigung der Geschlechter spielen“, schreiben die Theologinnen in ihrer Protestnote. Die Landesregierung konterkariere zudem ihre eigene Linie, propagiere sie doch sonst Gender Mainstreaming und setze sich angeblich für Frauenforschung an den Universitäten ein.

Die Frauen rufen jetzt dazu auf, Protestbriefe gegen die Schließung an Ministerium, Rektorat und Dekanat der Uni Bonn zu schicken. Kardinal Meisner haben sie nicht auf die Adressatenliste gesetzt. Das wäre auch vergebliche Liebesmüh.

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