: Revierkinder bleiben zu Hause
Bei einer neuen Studie zum Thema „Demografiewandel“ schneidet das Ruhrgebiet in Sachen Kinderbetreuung mies ab: Einige Revierstädte erhalten die Schulnote ungenügend
VON NATALIE WIESMANN
Die meisten Ruhrgebietsstädte decken den Bedarf nach Kinderbetreuung nur unzureichend ab: Bei einer bundesweiten Studie des Berlin-Instituts landete die Stadt Hamm bei der Bereitsstellung von Kindergarten- und Krippenplätzen bundesweit auf dem letzten Platz: Nur 40,9 Prozent der Kinder unter sechs Jahren sind versorgt. Auch Münster und die Revierstädte Dortmund, Oberhausen und Essen, Hagen erhielten die Note sechs, das bedeutet eine Versorgung von unter 50 Prozent. Das beste Angebot an Kinderbetreuung besteht laut Studie nach wie vor in den neuen Bundesländern.
„Ich weiß nicht, wie es zu solch einem Ergebnis kommen kann“, sagt der Pressesprecher der Stadt Hamm, Christian Strasen. Beim Angebot an Kindergartenplätzen – auf die gibt es im Bundesland einen Rechtsanspruch – könne sich die Stadt mit 97 Prozent durchaus sehen lassen. Was die Versorgung der unter Dreijährigen angeht, sei man dabei, das Angebot von drei auf zehn Prozent zu erweitern. Sobald die Zahl der Kindergartenkinder sinke, plane Hamm die freiwerdenden Kapazitäten auch für die Kleineren zu nutzen. „Mehr Plätze brauchen wir gar nicht “, will Strasen wissen, „es will ja auch nicht jede Mutter berufstätig sein.“ Um sich des genauen Bedarfes in der Kommune zu versichern, führe die Stadt in regelmäßigen Abständen Befragungen durch.
„Die Zahlen aus der Studie stammen vom Statistischen Landesamt Nordrhein-Westfalen“, so Redakteurin Ines Possemeyer der Zeitschrift GEO, die die Studien-Ergebnisse in ihrer neuesten Beilage thematisiert. Man habe bei der Bewertung der Ergebnisse die Anzahl der Kinder den zur Verfügung stehenden Plätzen gegenübergestellt: „Den tatsächlichen Bedarf zu messen, ist ziemlich schwierig“, so Possemeyer.
Für den Vorsitzenden der SPD-Fraktion in Hamm, Marc Herter, trägt die CDU-Stadtregierung die Verantwortung für das schlechte Abschneiden: Die habe sich darauf ausgeruht, dem Rechtsanspruch auf Kindergartenplätze gerecht zu werden: „Für die Kinder unter drei Jahren ist nichts gemacht worden“, sagt Herter. Zehn Prozent wolle die Stadt bis 2007 erreichen, für das Jahr 2005 seien es nur 2,5 Prozent. Er sei gespannt auf die Planungen der CDU, die frei werdenen Kindergartenplätze für die Jüngeren umzuwandeln. „Eine Vorlage habe ich bisher noch nicht gesehen.“
Die Stadt Oberhausen nimmt die Note Sechs in der Kinderversorgung tapfer entgegen: „Wir haben eine schlechte Versorgung der unter Dreijährigen“, gibt Marlies Worring, Mitarbeiterin des kinderpädagogischen Dienstes, unumwunden zu. Die Quote liege zurzeit bei nur einem Prozent. Auch hier plant die Stadt, durch den Geburtenrückgang frei werdende Kindergartenplätze an die Kleinen vergeben zu können. Jedoch erhofft sich die Stadt auch Hilfe vom Bund: „Die Bundesregierung hat den Kommunen finanzielle Unterstützung beim Ausbau von Krippenplätzen angekündigt“.
Im Dortmunder Jugendamt wurde die Zahl der Untersversorgung (44,2 Prozent) nachgerechnet. „Wir kommen zum gleichen Ergebnis“, sagt Hans-Jürgen Harder, Fachsbereichleiter für Kindertageseinrichtungen. Ab 2005 wolle die Stadt Dortmund mit 1,5 Millionen Euro den Ausbau der Versorgung für unter Dreijährige angehen: „Wir hoffen bei der nächsten Studie mit der Note fünf abzuschneiden“, so Harder.