: Früh übt sich, was ein Streiker werden will
Die Senatsschulverwaltung plant, der Kreuzberger Clara-Grundwald-Grundschule vier Lehrerstellen zu streichen. Eltern, Kollegium und Schüler der Montessori-Schule proben den Aufstand – und verweisen auf pädagogische Erfolge
„Ein sweet nothing kann Qualität von Bildung nicht sichern“, sagt Grundschullehrerin Renate Leutloff erbost. Ein „süßes Nichts“, eine Art wohlwollendes Schulterklopfen ohne handfeste Unterstützung also, das wollen sich Kollegium, Schüler und Eltern der Clara-Grundwald-Grundschule in Kreuzberg vom Senat nicht bieten lassen – und traten gestern in den Streik. Ihr Anliegen: 54 Lehrstunden pro Woche zusätzlich, das entspricht zwei Pädagogen mehr als bei Grundschulen üblich.
In den letzten Jahren hatte der Senat diese Stellen bewilligt, weil Kinder hier in einem Modellprojekt ausschließlich nach Montessori-Grundsätzen erzogen werden. Jetzt will der Senat das bisherige Stundenkontingent zusammenstreichen, weil das Projekt ausläuft. „Die Ausstattung muss nicht mehr so hoch sein wie in Zeiten des Versuchs“, argumentiert Thomas John, Sprecher der Schulverwaltung. Faktisch bedeutet das Stellenkürzungen – obwohl die Behörde die Lehranstalt als „Schule besonderer pädagogischer Prägung“ anerkennt. Für das Montessori-Konzept waren vier zusätzliche Lehrer nötig. Auf zwei würde die Schule angesichts der Finanzlage freiwillig verzichten: „Im Wissen um chronischen Geldmangel des Schulsenators bestehen wir nicht darauf“, so die Vorsitzende der Elternvertretung Miriam Mohs. Die darüber hinaus drohende Kürzung wollen die Eltern aber nicht hinnehmen und verweisen auf pädagogische Erfolge – 50 Prozent der abgehenden Schüler werden an Gymnasien empfohlen.
Das liegt am Angebot: Altersgemischte Klassen lernen in fachübergreifender Freiarbeit gemeinsam mit zwei Lehrern. In Projektarbeiten lernen Kinder verschiedenen Alters und Wissensstandes, Aspekte eines Themas herauszuarbeiten. „Wir haben hier eine Antwort auf Pisa“, ist sich Lehrerin Leutloff sicher. Vier Schüler werden dieses Jahr nicht versetzt. Wenig, zumal ebenfalls vier Kinder eine Klasse überspringen werden. In spätestens zwei Wochen will der Senat entscheiden, ob er die in der Vorabstellungnahme angedrohte Kürzung durchsetzen wird.
HANNES HEINE