IRAK/EUROPA: DIE KOALITION DER UNWILLIGEN WÄCHST
: Anti-Bush ist kein Programm

Ob nun eine neue Irakinitiative im Weltsicherheitsrat daraus wird, wie es die neue spanische Regierung vor dem Besuch ihres Chefs in Berlin lancieren ließ, oder nur ein Gespräch zu dritt, wie es Gerhard Schröder am Mittwoch „nicht ausschließen“ mochte – sicher ist, dass sich die deutsche und die französische Regierung darüber freuen können, in José Luis Rodríguez Zapatero einen neuen Bundesgenossen in der Irakpolitik gefunden zu haben. Bloß: Die Geburtsstunde einer neuen europäischen Außenpolitik ist das noch lange nicht.

Noch immer gibt es keine auch nur ein wenig konsensfähige Definition dessen, was denn europäische Interessen etwa im Nahen und Mittleren Osten sein könnten. Erst recht gibt es keine einheitliche Position zu einem künftigen Verhältnis von EU und USA. In Frankreich und Deutschland ist nach wie vor die Idee populär, Europa müsse ein Gegengewicht zu den USA bilden, und weil das sonst niemand offensiv angeht, müssten diese beiden Länder dabei die Führung übernehmen. Die radikalen und unilateralen Positionen der Bush-Regierung, so die Annahme, würden die Einigung Europas auf eine gemeinsame Außenpolitik rasant befördern. Dies aber ist leider falsch: Die Auseinandersetzungen um den Irakkrieg haben gezeigt, dass es so nicht geht. Daran ändert eine veränderte spanische Position wenig. Falls tatsächlich eine französisch-spanisch-deutsche Irakinitiative entstehen sollte, wäre sie zwar ein europäischer Vorschlag – aber kein Vorschlag Europas.

Wenn man sich dessen aber bewusst bleibt – und vermeidet, anderen je wieder so über den Mund zu fahren wie Jacques Chirac vor Jahresfrist den die USA unterstützenden Osteuropäern –, dann hätte eine europäische Initiative echte Entwicklungschancen. Denn so wenig Europa in der Lage ist, tatsächlich ein Gegengewicht zu den USA zu stellen, so wenig reicht es aus, lediglich die Politik der USA mitzumachen oder abzulehnen. Das Vorpreschen Einzelner ist kein Garant für das Entstehen einer europäischen Außenpolitik. Die Passivität aller aber wäre ein sicheres Zeichen dagegen.BERND PICKERT