: Arbeitervertreter bashen am 1. Mai Rot-Grün
Gewerkschafter nutzen Kampftag zur Abrechnung mit der Reformpolitik von Rot-Grün. IG Bau-Chef Wiesehügel in Mülheim: „Agenda 2010 töricht und dumm“. IGBCE-Boss Schmoldt fordert in Marl mehr soziale Ausgewogenheit
RUHR dpa/ap/taz ■ Die NRW-Gewerkschaften haben Rot-Grün am Tag der Arbeit das Scheitern der Sozialreformen vorgeworfen und eine radikale Kehrtwende in der Sozial- und Wirtschaftspolitik gefordert. Auf der zentralen DGB-Kundgebung in Köln musste NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) seine Rede wegen massiver Proteste sogar abbrechen (siehe land tag). DGB-Landeschef Walter Haas forderte die rot-grünen Regierungen in Bund und Land auf, ihre Sparpolitik auf den Prüfstand zu stellen. Haas verlangte am Tag der EU-Osterweiterung eine soziale europäische Verfassung. Notwendig sei eine europaweite Politik des sozialen Ausgleichs. Die Abwanderungsdrohungenvon Unternehmen wegen zu hoher Sozialkosten sei kein deutscher Einzelfall. Haas betonte zugleich die Notwendigkeit einer Ausbildungsplatzabgabe. Die Arbeitgeber hätten genug Zeit gehabt, ausreichend Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, doch sei dies nicht geschehen.
Auf den anderen Kundgebungen am internationalen Kampftag der Arbeiterbewegung wurden vor allem die Sozialreformen von SPD und Grünen abgebasht. In Marl warf der Vorsitzende der Gewerkschaft IGBCE, Hubertus Schmoldt, der Bundesregierung bei den Reformen mangelnde soziale Ausgewogenheit vor. Mit Veränderungen, die oft nicht zu Ende gedacht seien, zerstöre die rot-grüne Koalition Vertrauen, sagte der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie am Samstag bei seiner Mai-Rede. „Das Hüh und Hott der Regierungspolitik lässt den Widerstand gegen Reformen wachsen, und wenn es dabei nicht gerecht zugeht, dann finden sie in der Bevölkerung keine Zustimmung“, meinte Schmoldt.
Mit scharfen Worten ging auch der Vorsitzende der IG BAU, Klaus Wiesehügel, in Mülheim mit der Reformpolitik der Bundesregierung ins Gericht. Teile der Agenda 2010 seien töricht und dumm. Der Kurs müsse dringend geändert werden. „Es gibt kein Vermittlungsproblem“, meinte der Gewerkschaftschef und ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete. Die Menschen wollten diese falsche Politik nicht, bei der alle verlören, außer die wenigen Reichen. „Hört endlich auf Eure Basis und Eure Stammwähler“, forderte Wiesehügel an die SPD-Führung gewandt. Insgesamt hatte der größte Landesverband des Deutschen Gewerkschaftsbundes am Samstag zu landesweit rund 70 Veranstaltungen aufgerufen. Die Kundgebungen standen unter dem zentralen Motto „Unser Europa – frei – gleich – gerecht“.