: Kongos Regenwald vor dem Raubbau
In der Demokratischen Republik Kongo soll der Export von Tropenholz massiv gefördert werden, um die Wirtschaft des kriegszerstörten Landes wieder aufzubauen. Umweltschützer kritisieren die Weltbank – die Weltbank kritisiert die Regierung
AUS KINSHASADOMINIC JOHNSON
Mit einer Fläche von 2,5 Millionen Quadratkilometern sind die Regenwälder des Kongo-Flussbeckens das zweitgrößte Regenwaldgebiet der Erde. Die Hälfte davon befindet sich in der Demokratischen Republik Kongo, die anders als manche angrenzenden Staaten wie Kongo-Brazzaville, Kamerun und Gabun bisher von großflächigem Holzeinschlag verschont geblieben ist. Das soll sich nun ändern.
Mit dem Friedensprozess im Kongo soll der Holzsektor neben dem Bergbau eine Stütze des Wiederaufbaus sein – der Kongo mit rund 60 Millionen Einwohnern ist nach Jahrzehnten der Plünderungen und des Kriegs das ärmste Land der Welt. Bereits 2002 analysierte die Weltbank, theoretisch könne die Demokratische Republik Kongo pro Jahr sechs Millionen Kubikmeter Tropenholz produzieren – 60-mal mehr als heute. Nun fürchten Umweltschützer „die erste große Umweltkatastrophe des 21. Jahrhunderts“, wie die britische Rainforest Foundation schreibt.
Die Weltbank schätzt die ökonomisch nutzbare Regenwaldfläche des Kongo auf 60 Millionen Hektar. Mit Beratung der Bank gab sich der Kongo bereits im August 2002, als noch Krieg herrschte, ein neues Rahmengesetz für den Holzsektor, die „Code forestière“. Diese sieht zwar erhebliche Verbesserungen vor: Bis zu 15 Prozent des Staatsgebietes sollen unter Naturschutz fallen, bis zu 40 Prozent der Einkünfte aus Holzeinschlag sollen an betroffene Gemeinden fließen. Zugleich aber, so die Befürchtung kongolesischer Umweltschützer, bietet das die Grundlage für die Aufnahme rücksichtsloser Abholzung. Das Rahmengesetz, erklärt in Kinshasa Joseph Bobia vom kongolesischen Umweltverband CENADEP (Centre national d’appui au développement et à la participation populaire), „nimmt keine Rücksicht auf die Bauern, die Pygmäen“. Kein Mensch in den Regenwaldgebieten wisse, was drinsteht; eine Konsultation sei auch bei der Vergabe neuer Konzessionen nicht vorgesehen.
Die Bank wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Wir werden doch nicht einfach den Wald abholzen, denn ein Großteil davon ist überhaupt nichts wert“, sagt in Kinshasa Onno Rühl, der niederländische Delegationsleiter der Weltbank. Die Bank werde Ordnung in einen Wirtschaftszweig bringen, der bisher wie vieles im Kongo ein Selbstbedienungsladen der Mächtigen war. Bereits 2002 habe die Regierung des Kongo auf Drängen der Weltbank 143 Waldkonzessionen über eine Gesamtfläche von 25,5 Millionen Hektar – über die Hälfte der damaligen Konzessionsfläche – annulliert. Seitdem gibt es ein Moratorium auf die Vergabe neuer Konzessionen. Außerdem wurden die Steuern für Konzessionshalter mehr als verdreifacht. Doch selbst die Weltbank relativiert diesen Erfolg in einem internen Papier, das die taz in Kinshasa einsehen konnte. „Die annullierten Konzessionen waren die, die unter der Mobutu-Diktatur sowieso schon zerstört worden waren“, heißt es darin. „Es muss herausgefunden werden, ob die Annullierung wirksam geworden ist. Es gibt immer noch Leute, die mit ihrer alten Genehmigung weitermachen.“ Das Problem sei auch strukturell: „Ausplünderung der Wälder geschah vor, während und nach dem Krieg durch die praktisch kostenlose Vergabe von exklusiven Nutzungsrechten über riesige Flächen und lange Perioden.“
Außerdem wird von Weltbankseite kritisiert, dass die alte Kriegsregierung von Präsident Joseph Kabila zwischen März und Mai 2003 23 Konzessionen über sechs Millionen Hektar an „eine einzige Unternehmensgruppe“ vergeben habe, unter Bruch des Moratoriums.
Eine der wichtigsten im Kongo aktiven Holzfirmen ist in deutscher Hand. Die SIFORCO (Société industrielle et forestière du Congo) ist eine Filiale des deutschen Unternehmens Danzer und hält Konzessionen über rund drei Millionen Hektar im Westen und Norden des Kongo. Außerdem betreibt sie in Maluku nahe Kinshasa die wichtigste Holzfabrik des Landes mit einer Kapazität von 160.000 Kubikmetern im Jahr. Während in Kinshasa diskutiert wird, schaffen die Deutschen Fakten. Vor wenigen Wochen verkündete der deutsche SIFORCO-Geschäftsführer Dieter Haag die Wiederaufnahme der Holzproduktion im Norden des Kongo: In Bumba würden dieses Jahr 40.000 Kubikmeter Holz geschlagen. 2005 sollen es dreimal so viel sein.