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Archiv-Artikel

berliner szenen Bekenner-Shirts

Der gewendete Witz

Der junge Mann stand auf dem Mehringplatz. Auf seinem T-Shirt war zu lesen „Keine Macht den Drogen“. Man dachte gleich, das ist mir hier ja ein ganz besonders Smarter. Es schien jedenfalls logischer, dass sein T-Shirt „Ich finde Drogen sind prima“ bedeutete, als dass er den Text wortwörtlich meinte.

Textorientierte T-Shirts werden im Allgemeinen ja wegen des Witzes getragen. Weil die „Keine Macht den Doofen“ oder „Keine Nacht ohne Drogen“ -Shirts so unsmart eindeutig sind, geht man bei Leuten mit Antidrogen-T-Shirts davon aus, dass sie Drogen nehmen. Das ist so ähnlich, wie bei diesen gewöhnlich Verpeilten, die „Polizei“ oder „Drogenfahnder“-T-Shirts tragen und gern sonntags in der Nähe der „Beatstreet“-Afterhour rumlaufen. Wobei das anfängliche Einverständnis, das die „Ich weiß, dass du weißt, dass ich weiß“-Spielchen in Gang hält, auch irgendwie überflüssig ist; interessiert einen ja nicht wirklich, ob dieser oder jener nun Drogen konsumiert.

Bei bekennenden Biertrinkern, die „Bier formte diesen wunderbaren Körper“-T-Shirts tragen, ist dagegen immer alles eindeutig. Sie trinken gern und schämen sich nicht. Mittlerweile gibt es auch aufblasbare Baseballschläger mit Marihuanablatt: Das deutet auf eine Angleichung der Mentalitäten von Kiffern und Biertrinkern. An schönen Tagen kann man es in Kreuzberg riechen: In Berlin kann bis zu 30 Gramm Hasch mit sich rumschleppen, ohne gleich ein Verfahren zu bekommen, wie der PDS-Politiker Freke Over am Ersten Mai stolz verkündete. Vor anderthalb Jahren hatte übrigens noch auf dem Brunnen am Mehringplatz „Hier verkauft Bundeskanzler Schröder Heroin an Kinder“ gestanden.

DETLEF KUHLBRODT