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Archiv-Artikel

Bush will nicht Saddam heißen

US-Präsident nennt die Misshandlungen irakischer Gefangener in arabischen Fernsehsendern „abscheulich“ und verspricht Untersuchung der Vorfälle. Iraker protestieren vor Gefängnis

WASHINGTON ap/taz ■ Angesichts der weltweiten Empörung über die Misshandlung irakischer Gefangener ist die US-Regierung um Schadensbegrenzung bemüht. Präsident George W. Bush drückte gestern in Interviews mit zwei arabischen Fernsehsendern sein Bedauern aus und trat damit dem fatalen Eindruck entgegen, die USA benähmen sich im Irak nicht anders als Saddam Hussein. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld erklärte: „Jeder Amerikaner, der die Fotos gesehen hat, muss sich reumütig fühlen gegenüber dem irakischen Volk.“

Bush bezeichnete die Misshandlungen als „abscheulich“. Ein solches Verhalten entspreche nicht amerikanischen Wertvorstellungen, sagte er. „Auch Demokratien machen Fehler“, so Bush: „Aber sie werden untersucht und die Verantwortlichen vor Gericht gestellt.“

Rumsfeld räumte ein, nach Bekanntwerden von Misshandlungen im Irak seien sechs Untersuchungen eingeleitet worden. Bis zu 25 Gefangene seien in Gefängnissen im Irak und in Afghanistan gestorben, 35 Fälle mutmaßlicher Misshandlungen würden untersucht. Als hätte es die Bilder aus Bagdad nicht gegeben, lenkte Rumsfeld den Verdacht auf die Inhaftierten selbst: „Es gibt ein Schema, eine Gewohnheit von Terroristen, Foltervorwürfe zu erheben“, sagte er. „Wir haben das in ihrer Ausbildung gesehen, dass sie das tun.“

Eine Sprecherin von Internationalen Komitee vom Roten Kreuz sagte, man wisse seit langem, dass sich in dem Gefängnis Abu Ghraib „schlimmere Sachen als auf den Fotos“ abspielten: „Die Fotos sind schockierend, doch unsere Berichte sind schlimmer“, sagte sie Le Monde. Vor dem Gefängnis protestierten gestern 2.000 Iraker. „Demokratie bedeutet nicht, unschuldige Menschen zu töten“, riefen sie.

Bei einer Führung von Journalisten durch Abu Ghraib entschuldigte sich der neue Direktor der Gefängnisse in Irak, Geoffrey Miller, für die unter seiner Vorgängerin erfolgten Misshandlungen. Miller bekräftigte, dass die Streitkräfte ihre Verhörmethoden ändern würden. So müsse systematischer Schlafentzug künftig von ranghohen Offizieren genehmigt werden. Die Zahl der Häftlinge in Abu Ghraib solle von 3.800 auf etwa die Hälfte reduziert werden. Das Rote Kreuz, das irakische Innenministerium und das Ministerium für Menschenrechte sollten Büros in der Haftanstalt erhalten.

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