Gebündelte Wohnungsnot

Duisburg hat eine zentrale Anlaufstelle für Obdachlose eingerichtet: Die Verschmelzung von Wohnungsvermittlung und Betreuung soll die Obdachlosenzahl und gleichzeitig Kosten senken

VON NATALIE WIESMANN

Eine zentrale Anlaufstelle für Obdachlose in Duisburg soll die Zahl der Wohnungslosen verringern und gleichzeitig Kosten einsparen. Diese Institution ist deutschlandweit einzigartig, da Diakonie und Stadt unter einem Dach gegen die Obdachlosigkeit kämpfen. Bisher war die Betreuung obdachloser Familien in Duisburg vorwiegend Aufgabe der Kommune, während Verbände sich vor allem um allein stehende Obdachlose kümmerten. Ab heute sind Wohnungsvermittlung, sozialpädagogische Betreuung und Schuldnerberatung an einem Ort gebündelt.

„Ich bin zuversichtlich, dass Obdachlosigkeit in Duisburg jetzt ganz zu einem Fremdwort wird“, sagte NRW-Sozialministerin Birgit Fischer (SPD) bei der Eröffnung am Mittwoch. Seit der Mitte der 90er Jahre betreibe Duisburg eine herausragende Wohnungslosenpolitik. Der Duisburger Weg, der vom Land gefördert wird, fände sogar europaweit Beachtung. Die Ministerin war beeindruckt, „dass innerhalb weniger Jahre ein Rückgang der Obdachlosenzahlen um über 90 Prozent erreicht wurde. Dadurch habe die Stadt der 90 Prozent der früheren Kosten gesenkt.

Das kann auch Reinhard Luderer, Leiter des Amtes Soziales und Wohnen bestätigen: 111 Obdachlose seien gemeldet, bis zu 200 könnten es inklusive der Dunkelziffer sein. „Wir haben aber keine einzige wohnungslose Familie zu verzeichnen“, sagt er mit stolzer Stimme. Das habe man der 1996 eingerichteten Fachstelle für wohnungslose Familien und einem Wohnungsnotprogramm zu verdanken: „Durch Prävention kann man Obdachlosigkeit vermeiden“, sagt er. Nun wolle man sich mit der neu eingerichteten Stelle vor allem auf die allein stehenden Obdachlosen kümmern.

Auch die Ratsopposition ist von der neuen Einrichtung begeistert: „Die Anlaufstelle ist das I-Tüpfelchen auf unserem Duisburger Modell“, sagt Doris Janicki, OB-Kandidatin der Grünen-Fraktion bei der Kommunalwahl im Herbst. Im Gegensatz zu anderen sozialen Feldern sei die Obdachlosenpolitik des rot-gelb geführten Stadtparlaments auf einem „sehr gute Wege“. Auch die CDU hat nichts zu kritisieren: „In der Obdachlosenpolitik Duisburgs gab es nie einen Dissens“, sagt Josef Börmann, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Mit der Auflösung von Obdachlosenwohnheimen sei man einen großen Schritt vorangekommen: „Durch Vandalismus hatten wir früher höhere Kosten“, sagt er. Man habe für die Heimunterkünfte sogar „Private Security“ anheuern müssen. Nun plane die Stadt, auch Spätaussiedler so rasch von ihren Sammelunterkünften in eigene Wohnungen zu vermitteln.

Vom großen Schwund der Wohnungslosen haben soziale Organisationen wie die „Duisburger Tafel“ noch nichts bemerkt: „Uns rennen die Obdachlosen die Türen ein“, sagt Mitarbeiterin Anneliese Richtler. „Ich stimme nicht ein in die allgemeine Lobhudelei.“