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Archiv-Artikel

Unterdruck im Übersee

Das Übersee-Museum dockt an das Jahr der Raumfahrt an: Die Ausstellung „Von Bremen in ferne Galaxien. Raumfahrt und die Mission der Erde“ zeigt, was im All alles los ist – auch aus der Sicht des Arbeitsamtes

Was man nicht alles so macht, wenn man schwerelos ist. Die Fische beispielsweise schwimmen im Weltraum rückwärts. Und die Astronauten steigen in eine golden glitzernde Tonne, die sie „Unterdruckhose“ nennen – um sich für ein paar Minuten Schwerkraft zu gönnen. Ist gut für die Verteilung der Körperflüssigkeiten: Das angeschwollene Astronauten-Gesicht wird so wieder schlank und die abgemagerten Beine legen wieder zu. Zur Säuberung gibt’s dann eine Spezialdusche, die nicht nassmacht, weil sie sich ihr Wasser sofort selber absaugt.

Das alles stimmt, es ist wahr, und es ist zu besichtigen im Übersee-Museum in der Sonderausstellung „Von Bremen in ferne Galaxien. Raumfahrt und die Mission der Erde“. Der Anlass: Bremen hat sich mit den Firmen Astrium, OHB-System und ZARM einen Namen gemacht in der Raumfahrtforschung, die Zeiten der Schifffahrt sind vorbei. Das möchte die Bremer Marketing Gesellschaft (BMG) in die Welt tragen, hat ein Jahr der Raumfahrt ausgerufen und unterstützt alle entsprechenden Veranstaltungen mit Euros und Werbung.

In einer interaktiven Abteilung für Kinder und fünf Themenbereichen arbeitet die Ausstellung auf, was im All so alles los ist – und beginnt damit, wie der Weg zu den Sternen aus Sicht des Arbeitsamtes aussieht. Astronauten-Bewerber, so heißt es auf einer Tafel, sollen zwischen 27 und 37 Jahre alt sein, Medizin oder was naturwissenschaftliches studiert haben und neben „emotionaler Stabilität“ auch „gutes Orientierungsvermögen“ mitbringen – letzteres leuchtet bei einem schwierig überschaubarem Gelände wie dem Weltall unmittelbar ein. Dinge wie Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit können die Besucher in der Ausstellung an Computern direkt testen, daneben steht eine original Unterdruck-Kabine aus dem Ausbildungsprogramm. Ausstellungsleiter Hartmut Roder: „In der ersten Abteilung lässt sich feststellen, ob der Besucher fähig ist, die Ausstellung zu besuchen.“

Ist er. Denn der Härtetest in Abteilung Zwei fällt dezidiert familienfreundlich aus: In einem runden, abgeschlossenen Raum wird ein Raketenstart simuliert. Aus großformatigen Boxen donnern die Triebwerke, auf Monitoren sieht man den Bremer Hauptbahnhof immer kleiner werden, bis die Sternlein blinken. Das hebt auf Erlebnispädagogik ab und bleibt doch noch ganz am Boden.

Willkommen im All: Diverse Satelliten, Teleskope und Raketen stehen da, im Original und als Modelle. Eine Panoramafotografie zeigt die Oberfläche des Mars. Und im Columbus-Modul, das die Bremer Firma Astrium für die Internationale Raumstation ISS entwickelte, lassen sich All-Mobiliar und Laboreinrichtungen wie das Ökotop inklusive Fische (in Vorwärtsbewegung) besichtigen.

Der Fallturm, Bremens Labor zur Erforschung der Schwerelosigkeit, präsentiert sich mit einem Modell, an dem sich die Arbeitsweise im Kleinen nachvollziehen lässt. Daneben dann die Zukunft: „Spacetourismus“ steht an, die Firma Astrium hat bereits ein Weltraum-Hotel mit entsprechendem Shuttle-Service entwickelt. Über 300 Reise-Anmeldungen liegen bereits vor. Ausstellungsleiter Roder rechnet damit, dass die ersten Urlauber 2025 an Bord gehen.

Das alles hat vor allem Unterhaltungswert mit Lerneffekten, wobei Roder betont, dass die Ausstellung auch einen kritischen Aspekt zulässt: Rund 12,5 Milliarden Euro hat allein die Bundesregierung in den letzten 30 Jahren in die Weltraumforschung investiert, Roder möchte zeigen, „was das ist, wofür die Kohle rausgelassen wird“. Allerdings: „Die Frage, ob diese Investitionen sinnvoll sind, muss der Besucher selbst beantworten.“ Klaus Irler

bis zum 12. Oktober im Übersee-Museum. Bei Vorlage eines gültigen VBN-Tickets gibt es 20% Ermäßigung. Weitere Infos: www.weltraum-bremen.de