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Attacke auf Horst Köhler und EU-Kandidaten

Beim attac-Bundestreffen in Essen debattierten am Wochenende 300 Globalisierungskritiker über politische Alternativen und stellten zukünftige Aktionen vor. Auch die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften soll verstärkt werden

ESSEN taz ■ Rund 300 Attac-Mitglieder haben beim bundesweiten Treffen „Ratschlag“ in Essen über die Arbeit der kommenden Monate diskutiert und neue Aktionen angekündigt. Geplant ist unter anderem eine Plakat- und Postkartenaktion zur Wahl von Horst Köhler zum Bundespräsidenten. Das Netzwerk macht dessen kritische Rolle als Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) zum Thema der Kampagne.

„Auch unter dem Direktor Horst Köhler hat das neoliberale Flaggschiff IWF seinen Kurs gegen die ärmsten Länder brutal fortgesetzt“, gibt Peter Wahl vom Attac-Koordinierungskreis zu Bedenken. Unter dem Vorsitz des „Schreibtischtäters“ habe der IWF Brasilien harte Kürzungen der Sozialausgaben verordnet, um Schulden abzuzahlen. Dadurch würden fast 17 Millionen Brasilianer hungern, heißt es auf dem am Wochenende vorgestellten Plakat. Im Vordergrund steht Köhler in schwarz-rot-goldener Krawatte, im Hintergrund zusammengefallene Häuser in Schwarz-Weiß.

Attac erwartet jedoch nicht, die Wahl Köhlers mit der Plakataktion verhindern zu können. „Eigentlich passt er ganz gut zur rot-grünen Bundesregierung“, sagt der Ex-Grüne Hans Peter Leymann-Kurtz, Essener Bürgermeister und attac-Mitglied. In der Bevölkerung hätte der bis dato unbekannte IWF-Chef keine Mehrheit bekommen, will Leymann-Kurtz wissen. „Aber leider wählt nicht die Bevölkerung den Bundespräsidenten.“

Attac will außerdem einen Monat vor den Europawahlen im Juni gemeinsam mit anderen Gruppen eine Fragebogen-Aktion starten: Bei dieser werden alle Kandidaten zum Europa-Parlament aufgefordert, ihre Position zu Fragen des internationalen Handels offen zu legen. „Die EU hat in der Vergangenheit eine schlimme Rolle in den Verhandlungen der Welthandelsorganisation WTO gespielt“, sagt WTO-Experte Oliver Moldenhauer. Es sei deshalb wichtig zu wissen, welche Kandidaten sich einer sozialen, gerechten und demokratischen Handelspolitik verpflichtet fühlten. Die Ergebnisse der Fragen zum Dienstleistungsabkommen GATS, zum „Agrar-Dumping“ durch EU-Subventionen sowie zur Verantwortlichkeit transnationaler Konzerne sollen Anfang Juni der Öffentlichkeit präsentiert werden. Die Aktion wird zeitgleich in den anderen EU-Ländern durchgeführt.

Die umstrittene Kooperation mit den Gewerkschaften bei den Protesten gegen den Sozialabbau in Deutschland will attac fortsetzen. Sybille Stamm, verdi-Vorsitzende aus Baden-Württemberg, bezeichnete in ihrem Vortrag das Verhältnis der beiden Gruppen „als klassische Liebesbeziehung, in der man sich aneinander reibt, aber sich gemeinsam weiterbringt“. Die rege Teilnahme an den gemeinsam organisierten Demonstrationen spreche für sich. Bei einem Perspektiven-Kongress am kommenden Wochenende wollen die Globalisierungskritiker mit den Gewerkschaften zusammen Alternativen zur neoliberalen Politik entwerfen. „Auch beim Kampf gegen die Privatisierung kommunaler Einrichtungen wollen wir mit den Gewerkschaften stärker kooperieren“, kündigt attac-Sprecher Malte Kreutzfeldt an.

Attac Deutschland habe in den vergangenen Wochen und Monaten durch die Protestaktionen wöchentlich 50 bis 100 neue Mitglieder geworben, so Kreutzfeldt. Schön für die Netzwerk-Aktivisten: Die beim letzten Bundeskongress selbst auferlegte Haushaltskürzung konnte so zurückgenommen werden.

NATALIE WIESMANN

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