: Da lacht der Mongole
Neueste Nachrichten aus Ulan-Bator. Ein Überblick über das aktuelle Humorschaffen
Die intellektuelle Ironie erhebt sich und ist subversiv, den Volkswitz zieht es in die Niederungen – bis hin zum Schwarzen unter den Fingernägeln. Deswegen kommt der Volkswitz auch ohne Autor aus – ist quasi Eigentum aller, und man kann von einem englischen oder russischen oder was auch immer Humor sprechen.
In der Mongolei gibt es besonders viele Polizistenwitze. Der als Witzbold geltende Philologe S. Batbilig hat darüber 1985 sogar seine Diplomarbeit geschrieben – sie wird noch immer unter Verschluss gehalten. Kürzlich schickte er uns einige neuere mongolische Witze.
Neben einer Humor-Wochenzeitung Der Specht gibt es heute in vielen Tageszeitungen Witz-Rubriken sowie vierteljährliche Witz-Almanache. Während der Parlamentsvorsitzende S. Tumur-Ochir sich gern Witze ausdenkt, die er anonymisiert in Umlauf bringt, sammelt der Dichter und Parlamentsabgeordnete L. Odonchimed im Volk zirkulierende Witze, die er jährlich als „Die 1.000 besten Witze“ unter seinem Namen veröffentlicht.
Die uns bekannten mongolischen Witze lassen sich in folgende Themen untergliedern: Witze über Karrierefrauen / Männerwitze / Viehzüchter- und Jäger-Witze (Stadt-Land) / Witze über buddhistische Mönche / Politische Witze (Parlamentswitze) / Ausländerwitze (Witze über russische Soldaten – und neuerdings Touristen). Über die Russen lacht man zum Beispiel schon, wenn sie sich – was regelmäßig vorkommt – beim Betreten einer Jurte den Kopf stoßen.
Wenn sie dann einmal drin sind, werden sie um so gastfreundlicher empfangen, was manchmal sehr weit geht. Einmal überraschte ein Nomade seine Frau in den Armen eines Amerikaners. „Warum sprichst du nicht mit ihm?“, fragte sie ihn. „Ich weiß nicht, was ‚Ich bringe dich um‘ auf Englisch heißt!“
Das größte Tourismuskontingent stellen die Japaner. Die Japanerinnen zieht es gern aufs Land, wo sie die Einsamkeit und den weiten Himmel genießen, etliche haben dort auch schon Viehzüchter geheiratet. Weshalb ein beliebter Witz über Japaner so geht: „Was machen die da die ganze Zeit?“ – „Sie zählen die Sterne!“ Was eine Metapher für den Geschlechtsverkehr ist, weil man in der Jurte oben durch eine Öffnung den Himmel sieht.
Es gibt viele Witze über lüsterne Wandermönche, die nachts zu einer kranken Frau gerufen werden und dann der Patientin ebenfalls sagen, sie solle die Sterne zählen – „bis tausend“. Die meisten Mönche wurden in den Dreißigerjahren von den Kommunisten liquidiert. Dafür gibt es jetzt jede Menge neue Witze über die Halbwüste Gobi, wo besonders viele alleinstehende Frauen leben, die als sehr gastfreundlich – speziell gegenüber Männern – gelten.
Verbreitet sind auch neuerdings Witze über Auslandsaufenthalte: Eine Mongolin hat etliche Jahre in Berlin verbracht, um ihre Deutschkenntnisse zu verbessern – „und jetzt spricht sie perfekt Türkisch“.
Zwei Geschäftsleute treffen sich: „Wie geht es dir?“, fragt der eine. „Schlecht“, sagt der andere, „es ist eine Katastrophe, ich wollte schon Selbstmord begehen, konnte es aber nicht.“ – „Wieso? Beauftrage doch einen Berufskiller!“ – „Ich habe nicht genug Geld.“ – „Ich leih dir gern was!“ Darüber lacht sich der Mongole schlapp und weg. Wie auch über das gute alte Verhältnis zwischen Männern und Frauen – hier Beispiel eins: Zwei Sekretärinnen in der Stadt unterhalten sich über ihren Chef: Die eine sagt, „er kleidet sich immer sehr elegant“, die andere meint, „ohne Kleidung sieht er sogar noch besser aus.“ Und Beispiel zwei: Ein Mann und eine Frau sitzen in einem Restaurant. Er sagt zu ihr: „Ich liebe dich so, ich möchte dich aufessen.“ Die Frau antwortet: „Ich möchte dich auch gern essen.“ Der daneben stehende Kellner sagt daraufhin: „Ich verstehe, aber möchten Sie dazu ein Getränk bestellen?“
Viele sexuell orientierte Witze schließlich ranken sich um den Zufall, dass die Prostituierten seit 1990 ausgerechnet am zentralen Lenin-Denkmal Anschaffen gehen. Im Jahr 2003 veröffentlichte der dissidentische Publizist Baabar 555 politische Witze, darunter diesen: Der langjährige Generalsekretär der mongolischen KP, Zedenbal, traf sich oft mit Erich Honecker – „Was hat er bloß immer mit diesem Hammel?“, fragte man sich, denn Hammel heißt auf Mongolisch „er hon’ “.
Und zum Schluss noch ein Beispiel für Stadt-Land-Witze: Ein Viehzüchter reist nach Ulan-Bator und besucht dort die Oper, wo das Ballettensemble gerade „Schwanensee“ gibt. Wieder zu Hause erzählt er den Nachbarn: „Diese Stadtmenschen sind komisch. Ein Mann und eine Frau, ganz in Weiß, haben sehr schön getanzt, aber plötzlich hat er sie über seinen Kopf gehoben, ihr unter den Rock gekuckt und sie dann weggeworfen. Und sie war ihm nicht einmal böse.“
DONDOG BATJARGAL UND GHOSTDOG HÖGE