: Merkel plädiert für UN-Wirtschaftsrat
Beim Weltfinanzgipfel will die Kanzlerin mehr Finanzkontrollen durchsetzen
PARIS afp/ap ■ Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Einrichtung eines UN-Wirtschaftsrats als Reaktion auf die Finanz- und Wirtschaftskrise angeregt. Man müsse darüber nachdenken, „neben dem UN-Sicherheitsrat einen UN-Wirtschaftsrat anzusiedeln“, sagte Merkel am Donnerstag auf einer Konferenz zur Finanzreform in Paris. Der Internationale Währungsfonds (IWF) oder andere bestehende Institutionen reichten nicht aus, um den globalisierten Kapitalismus zu regulieren und zu beaufsichtigen. Die Welt sei „institutionell und regulatorisch“ nicht ausreichend vorbereitet auf die Finanzkrise gewesen.
Um in Zukunft eine Wiederholung der aktuellen Krise zu vermeiden, müssten die Nationalstaaten ein Stück weit mehr Souveränität abgeben. Dies sei natürlich „ein Riesenschritt“, sagte Merkel, „aber wir haben das in der EU gelernt“. Als Fundament eines neuen Weltfinanzrahmens forderte Merkel überdies eine „UN-Charta für nachhaltiges Wirtschaften“ nach dem Vorbild der UN-Charta für Menschenrechte. Die Charta solle Standards festlegen und helfen, „dass wir nicht über unsere Verhältnisse leben“.
Die Kanzlerin versprach, auch bei einem Abklingen der Krise auf einer Umsetzung einer schärferen Kontrolle der Finanzakteure zu beharren. Als G-8-Präsidentin habe sie es nicht geschafft, die Hedgefonds unter Aufsicht zu stellen. Auf dem nächsten Weltfinanzgipfel am 2. April in London solle ein neues Regelwerk bereits Konturen annehmen. Bei deren Anwendung „werde ich hart bleiben“, so Merkel.
Das zweitägige Kolloquium war von Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy und dem ehemaligen britischen Premier Tony Blair organisiert worden, um Antworten auf die Finanzkrise zu finden. Sarkozy warnte davor, wegen der Krise in einen „Antikapitalismus“ zu verfallen. Es gehe darum, „dem Kapitalismus Moral beizubringen“ und ihn „umzugestalten“. Auch Blair, der 2007 noch zu den entschiedenen Gegnern von Merkels G-8-Initiative gehört hatte, forderte eine weltweite „Steuerung“, um Regeln für das Finanzsystem aufzustellen.