„Studenten zweifeln an unserem Mehrwert“

Der Staat soll mehr für Privatunis zahlen, fordert Heide Ziegler, Rektorin der International University in Germany. Weder Unternehmen noch Studenten haben noch große Lust auf die Eliteschmieden. Privatunis sollen experimentieren

taz: Frau Ziegler, das Stuttgart Institute of Management and Technology, eine Konkurrenz für Ihre eigene Privathochschule, ist pleite. Freut Sie das?

Heide Ziegler: Ich sehe den Fall mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Es freut mich, dass wir einen Wettbewerber weniger haben. Aber das Ende des SIMT stellt zugleich den guten Ruf privater Hochschulgründungen in Frage.

Guter Ruf? Verwechseln Sie da nicht den ernüchternden Zustand Ihrer Branche mit den hochtönenden Selbstdarstellungen der Privatunis?

Schadenfreude über kapitalschwache Pivatunis, die auch öffentliche Gelder bekommen, ist völlig fehl am Platze. Schauen Sie mal in die USA. Die besten privaten Universitäten dort, von Duke bis Harvard, bekommen bis zu einem Drittel ihres Budgets vom Staat. Das ist ganz selbstverständlich, Bildung gilt als gesellschaftliches Gut. Hier in Deutschland hingegen wird jeder überwiesene Staatseuro misstrauisch beäugt und öffentlich beklagt. Dabei hat es eine Hochschule als Neugründung noch viel schwerer.

Warum?

Eine private Uni muss immerhin ein neues Konzept von Hochschule gegen den staatlich voll finanzierten Mainstream durchsetzen. Reformen aber, das zeigen die letzten Jahre, fallen diesem Land richtig schwer. In der Bildung ist das nicht anders. Wir in Bruchsal an der International University etwa haben von Anfang an den Bachelor angeboten, einen Abschluss, den alle staatlichen Hochschulen erst jetzt einzuführen beginnen. Nur ist der Bachelor jahrelang auf Widerstand gestoßen, in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst sowieso.

Experimentierfreude ist ein Nachteil? Es heißt, die kleinen privaten Business Schools seien attraktiv?

Das war sicher so. Aber die schlechte wirtschaftliche Lage macht es uns nicht leichter. Wenn die Jobmaschine stillsteht, zweifeln Studenten schnell am Mehrwert, den sie sich von uns versprechen: den schnellen profitablen Abschluss in einem verkürzten, strukturierten Businessprogramm, das auf bestimmte Berufe zugeschnitten ist. Siemens zum Beispiel hat gerne unsere Absolventen angeheuert. Jetzt streicht Siemens Stellen – und verlegt Produktion und selbst Entwicklung ins Ausland.

Gibt der Konzern Ihnen denn wenigstens noch Geld für den Betrieb der Hochschule?

Wenn Siemens schon nicht einstellt, dann hat es natürlich auch weniger Interesse, eine derartige Hochschule zu fördern.

Aber die Absolventen Ihrer International University können sich doch überall bewerben, oder?

Unser Vorteil. Die Hälfte unserer Studierenden kommt aus dem Ausland. Früher kamen sie, weil sie auch auf deutsche Arbeitgeber neugierig waren. Heute sind es die deutschen Bewerber, die auf aussichtsreiche Positionen im Ausland schauen. Der Trend hat sich umgekehrt.

Was rechtfertigt an einer Einrichtung wie der Ihren eigentlich den Titel University?

Dass wir ein viel breiteres Profil anbieten als reine Business Schools. Manche von denen schauen zu sehr aufs Geldverdienen. In jedem Winkel sprießt ja inzwischen eine Business School aus dem Boden. Wir aber haben eine starke Technology-Ausrichtung, die auch auf unsere Abschlüsse Master of Business Administration Einfluss hat. Und wir haben genauso ein Cultural-Studies-Programm. Dass das Niveau hoch ist, sehen Sie daran, dass wir Mühe haben, uns ins European Credit Transfer System einzuklinken …

den akademischen Euro, der die Tauschwährung von Uni-Scheinen in ganz Europa ist …

Ja. Nur verlangen wir unseren Studenten im Vergleich dazu offenbar zu viel ab.

Das kann sein. Allerdings tragen beinahe alle Business Schools heute die Technologie im Namen. Also: Was hat ein MBA mit Wissenschaft zu tun?

Wenn Forschung stattfindet, viel. Bei uns ist das so. Unsere Professoren kümmern sich zwei Trimester um die Lehre, im dritten forschen sie. Wir sind gerade dabei, PhD-Programme aufzubauen …

das angelsächsische Äquivalent zum Doktorabschluss. Sie wollen, dass Ihre Schützlinge bei Ihnen promovieren können.

Genau. Und wir bieten bereits einen forschungsorientierten Master of Science an.

Noch mal zum Geld: Der Staat hat 3 Millionen Euro in das Stuttgart Institute gesteckt. Ist das nicht ein bisschen viel für 55 Studenten?

Ja und nein. Ich glaube, es wäre gut angelegtes Geld gewesen, wenn die nicht ausschließlich mit fremden Professoren gearbeitet hätten. Bei uns war das von Anfang an die Philosophie: neue Professoren, ein kleines Team, das wir auf unseren Reformweg einschwören können. An einer staatlichen Uni kommt ein neuer Kopf mit neuen Ideen immer in eine alte Fakultät. Am Stuttgart Institute gab es gleich nur geliehene Köpfe.

Was war das Experiment in Stuttgart dann eigentlich wert?

Ich hoffe, dass die beteiligten Unis aus dem Aufstieg und Fall des SIMT was gelernt haben.

INTERVIEW: CHRISTIAN FÜLLER