: Prozess um Kölner Müllaffäre vor dem Ende
Staatsanwälte fordern wegen Untreue und Bestechlichkeit mehrjährige Haftstrafen für die Angeklagten
KÖLN taz ■ Im Prozess um den Kölner Müllskandal hat die Staatsanwaltschaft mehrjährige Haftstrafen für alle drei Angeklagten gefordert. Bei den Schmiergeldgeschäften beim Bau der Müllverbrennungsanlage in Köln-Niehl Mitte der 90er-Jahre habe es sich um „handfeste organisierte Kriminalität auf höchstem Niveau“ gehandelt, die entsprechend bestraft werden müsse, sagte Staatsanwalt Joachim Roth.
Es geht um 24 Millionen Mark Schmiergeld, mit denen sich Sigfrid Michelfelder, Exgeschäftsführer des Anlagenbauers Steinmüller, seiner Firma in den 90ern den Bauauftrag für die Kölner Müllverbrennungsanlage gekauft haben soll. Davon sollen vor allem Ulrich Eisermann, damals Chef der Abfallverwertungsgesellschaft AVG, aber auch Michelfelder selbst und der frühere Kölner SPD-Politiker Norbert Rüther profitiert haben.
Wegen Bestechlichkeit und Untreue sowie Steuerhinterziehung forderte Roth für den Hauptbeschuldigten Eisermann sechs Jahre Haft. Der Ex-Steinmüller-Geschäftsführer Michelfelder soll für knapp fünf Jahre hinter Gitter – wegen Bestechung, Beihilfe zur Untreue und Steuerhinterziehung. Dem ehemaligen Kölner SPD-Fraktionschef Norbert Rüther drohen wegen Beihilfe zur Bestechlichkeit und zur Untreue zweieinhalb Jahre Gefängnis.
Demgegenüber verlangten die Verteidiger in ihren Schlussplädoyers milde Urteile. Ihr Mandant sei „Opfer der Verhältnisse“, sagte die Verteidigerin des Ex-Baulöwen Michelfelder. Außerdem habe er sich an der Aufklärung beteiligt, und ein Teil der Vorwürfe sei ohnehin verjährt. Eisermanns Verteidiger betonte, dass sein Mandant ein umfassendes Geständnis abgelegt habe. Eisermann selbst entschuldigte sich in seinem Schlusswort für seine Tat: „Ich bereue zutiefst, was ich getan habe, und bitte um Verzeihung.“ Ausdrücklich bedankte er sich bei der Staatsanwaltschaft für die besonders faire Behandlung: „Ich habe mir sagen lassen, dass das nicht immer der Fall ist.“ Eine pikante Bemerkung, denn seit einer „Aktenpanne“ Mitte März sah sich die Anklagebehörde dem Verdacht ausgesetzt, Beweise für Eisermanns mangelhafte Glaubwürdigkeit unterdrückt zu haben. Der Hintergrund: Alleine auf der Aussage Eisermanns basiert die Anklage gegen Rüther. Danach soll der einstige starke Mann der Kölner SPD zwei Millionen Mark vom Schmiergeld erhalten haben. Diesen Vorwurf hat Rüther immer bestritten. Daran halte sein Mandant auch „wahrscheinlich bis zu seinem Lebensende fest“, sagte Rüthers Verteidiger . Er warf der Staatsanwaltschaft vor, „trotz ausreichender Ressourcen nicht immer professionell“ gearbeitet zu haben. Er forderte einen Freispruch. Das Urteil soll voraussichtlich am Donnerstag gefällt werden. PASCAL BEUCKER
FRANK ÜBERALL