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Archiv-Artikel

Fischtown

Von JANK

1827 erwarb Bremen für 73.000 Taler 381 Morgen Land vom Königreich Hannover – dort, wo die Geeste in die Weser mündet. Die Hansestadt gründete dort einen Seehafen, weil die Weser zunehmend versandete und die großen Handelsschiffe Bremen nicht mehr anlaufen konnten.

Der Niedergang von Schiffbau und Hochseefischerei traf die Bremerhavener hart: In der ehemaligen „Fischküche Europas“ arbeitet heute nur noch ein einziger Berufsfischer, auch wenn auf dem Seefischmarkt im April stattliche 5.115 Tonnen unter den Hammer kamen.

Über Bremerhaven wanderten von 1835 bis 1960 sieben Millionen Menschen in die USA aus.

Wer ins Bremer Landesparlament, die Bürgerschaft, will, muss nur in Bremerhaven die 5-Prozent-Hürde überspringen. Grund genug für Herrn Frey aus München, sich verschärft zu engagieren. Im April holte die rechtsradikale DVU mit 7,1 Prozent wieder einen Sitz in der Bürgerschaft. Fast wäre das der Schillpartei auch gelungen: Ihr fehlten nur 16 Stimmen.

Die Bremerhavener nennen ihre Heimatstadt liebevoll „Fischtown“. Wichtig: Nicht „Fishtown“ schreiben, sonst können sie ganz schön fünsch werden.

Bremerhaven wird wie das Land Bremen von einer großen Koalition regiert. Die will jetzt das Steuer mit Tourismus herumreißen: Rund um die historischen Hafenbecken soll für 400 Millionen Euro die so genannte Seemeile entstehen.

In den nächsten vier Jahren sollen am Hafen für 750 Millionen Euro fünf neue Containerschiffliegeplätze entstehen. Hier wurden 2002 fast 1,5 Millionen Standardcontainer-Einheiten umgeschlagen.

Bremerhaven hat eine für Westdeutschland rekordverdächtige Arbeitslosenquote von 19,3 Prozent. Von den einst über 140.000 Einwohnern sind noch knapp 119.000 übrig. Fünfzehntausend von ihnen erhalten Sozialhilfe: Die Stadt gilt als tendenziell zukunftslos.

1998 beantragten die Bremerhavener ein eigenes Autokennzeichen: BHV. Sie zogen den Antrag aber wieder zurück und fahren weiterhin mit HB.

Prominente Bremerhavener: Sängerin Lale Andersen, Volker Engel, Oscar-gekrönt für die Tricks in „Independence Day“, Schauspieler Heino Ferch.JANK