: Grimmige Stimmung im Polizeistern
Heftige interne Kritik an Führungsstil von Innensenator Schill, Staatsrat Wellinghausen und Polizeipräsident Nagel. Umstrittene Personalentscheidungen und Maulkorberlass für Bürgerschaftsabgeordnete. Behörde und Polizeiführung sehen das anders
von SVEN-MICHAEL VEIT
Eine Reihe umstrittener Personalentscheidungen und ein „Maulkorberlass“ für Gespräche mit Bürgerschaftsabgeordneten sorgen für miese Stimmung im Polizeistern in Alsterdorf. Hochrangige Polizeiführer haben in internen Vermerken, welche der taz vorliegen, Kritik am Führungsstil von Polizeipräsident Udo Nagel geübt. Zudem wurde am Dienstag der Eimsbütteler Polizeichef Klaus Grimm seines Amtes enthoben. Der 59-Jährige gilt bei Innensenator Ronald Schill als „unerwünschte Person“.
Grimm hatte im Juli 2001 zu einer Wahlkampfveranstaltung Schills im Hamburg-Haus am Doormannsweg auch Gegendemonstranten eingelassen, „weil das eine öffentliche Veranstaltung ist“. Schill behauptete, Grimm habe vom damaligen SPD-Innensenator Olaf Scholz die Weisung erhalten, „der Störung der Veranstaltung Vorschub zu leisten“. Der jetzige Schill-Parlamentarier Frank-Michael Bauer drohte seinerzeit, „das wird ein Nachspiel haben“.
Jetzt wurde der Leiter des bei Eimsbüttler Schill-Politikern als „rot-grüne Wache“ geltenden Polizeikommissariats 22 zum 1. Juli versetzt. Er soll sich um die Verkehrsmaßnahmen für die Fußball-WM 2006 kümmern. Das Eigentümliche: Im nächsten Jahr steht Grimm zur Pensionierung an. „Aber wir müssen damit anfangen“, sagt Polizeisprecher Reinhard Fallak, „und Herr Grimm ist ein Fachmann für Verkehrsfragen.“ Eine Weisung aus der Behörde gebe es nicht.
Zwei ranghohe Polizeiführer, die kürzlich umgesetzt oder in den vorzeitigen Ruhestand geschickt wurden, haben in Schreiben an Polizeipräsident Udo Nagel massive Kritik an dessen Führungsstil geäußert. Es sei geprägt von dem „Bestreben, mit kritischen Positionen kurzen Prozess zu machen“. Nagel würde Kritik „als Problem“ betrachten, „nicht als Chance“. Zudem wird er aufgefordert, „machtpolitischen Interessen entgegenzutreten“. Fallak erklärt die Schreiben mit „persönlichem Frustabbau“ von Leuten, die nicht bekamen, was sie gern gehabt hätten. „Das ist subjektiv nachvollziehbar.“
Parallel reichte gestern der SPD-Abgeordnete Michael Neumann eine Anfrage an den Senat ein, um sich nach einem „Maulkorberlass“ zu erkundigen. Auf welcher Rechtsgrundlage seien neuerdings Besuche von Abgeordneten auf Revieren nur noch mit Genehmigung durch den Polizeipräsidenten und Innenstaatsrat Walter Wellinghausen erlaubt, will Neumann wissen. Und warum würden „Aufpasser aus dem Präsidium“ geschickt, die intern bereits als „Polit-Offiziere“ bezeichnet würden?
„Das war schon immer so“, erklärte Behördensprecher Thomas Model diesen „formalen Vorgang“. Und Fallak ergänzt süffisant: „Wir haben Personalmangel, keine Polit-Offiziere.“