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Archiv-Artikel

tonspur Party in der Todeszelle

Auch traurig sein kann glücklich machen. Denken Sie doch nur mal an die Freude, wenn der Schmerz nachlässt … ahhh! „Wechselbad der Gefühle“ nennt man das pathetisch, und obwohl mir persönlich Wechselbäder nur aus den Kurtipps bekannt sind, gieße ich Ihnen heute einfach mal eins ein. Kalt, heiß, kalt, heiß, kalt … Beginnen wir mit einem Ende: Acht Eier mit Speck, drei T-Bone Steaks, drei Pfund Bratkartoffeln – das ist doch mal eine Henkersmahlzeit! Mr. Alec Motil hockt nämlich in der Todeszelle und wartet darauf, dass man ihm das Licht auspustet, aus Gerechtigkeitsgründen, versteht sich. Und Gefängniswärter Sam Brody hockt ihm gegenüber und stibitzt vom T-Bone-Teller. Dazu plaudern die beiden vom Frauenanbasteln. Der Pfarrer kommt hinzu und will ölen, die Pflichtverteidigerin will die legale Tötung vermarkten, der Sheriff will sich praktischerweise gleich ein paar mehr Mordbekenntnisse unterschreiben lassen, damit sich die Sache lohnt … ein Heidenbetrieb herrscht der Todeszelle, es wird geplaudert, gesoffen und am Ende soll noch geheiratet werden. Ein „Jailhouse Blues“, wie ihn noch keiner gesungen hat (29. 6., 18.30 Uhr, DeutschlandRadio Berlin).

Lebensbejahend bis zum Abwinken sind dagegen Susanne Amatoseros Abenteuer in Dub: Eine DJane sammelt Erfahrungen, strickt „earmails“, fährt in der Welt herum und archiviert groovy tunes, kein Ton ohne Hall, kein Rhythmus ohne Gegenbeat. Ein kreolisch-buntes Tagebuch, untermalt von Dubsounds, beschienen von der allgegenwärtigen Sonne – sogar in St. Petersburg scheint sie zu scheinen („The girl from Ipanema in Dub“, 4. 7., 19.05 Uhr, DeutschlandRadio Berlin).

Wollten Sie nicht eigentlich schon immer mal das Hörspiel des Jahres 2002 hören? Gewählt von der Deutschen Akademie der darstellenden Künste? Bitte schön: Am 2. Juli läuft „Die Stimme des Hörers“ von Eran Schaerf, eine „künstlerische Auseinandersetzung mit dem Medium Radio“, so nennt das stolz der Sender, und darin geht es um einen von einem automatischen Moderator betriebenen Rundfunksender. Was ich, ganz ehrlich, so schlecht nicht fände, bei den echten Moderatoren, die ich mir manchmal anhören muss … (22.00 Uhr, WDR 3).

Und sozusagen als Schlusslicht, aber nur technisch gesehen natürlich, ich möchte Ihnen auch noch das sehr absurde Hörspiel „Wie ich mir Bernd Kirschkes Kopf zerbrach“ ans Herz legen. Kopfzerbrechen, Erinnerungen, Kindheit im Kinderheim – was will man mehr (29. 6., 14.05 Uhr, hr2).

VERONA VON BLAUPUNKT