die union im bundesrat
: Dem Lobbyismus verpflichtet

War was? Was war? Ach, nur der Bundesrat. All diese sperrigen Namen, die kann sich doch kein Mensch merken: Optionsgesetz, Alterseinkünftegesetz, Rentennachhaltigkeitsgesetz, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Erneuerbare-Energien-Gesetz. Bei diesem Chaos müssen ein paar mentale Stützen her. Und eines immerhin ist offensichtlich: Die Union hat fast alle Gesetze abgelehnt.

KOMMENTARVON ULRIKE HERRMANN

Ablehnung – das ist der Gestus der Opposition. Und damit wird die Union denn auch konsequent verwechselt, trotz ihrer Mehrheiten im Bundesrat. Faktisch sind CSU und CSU Regierungsmacht, doch werfen sie sich in die Pose der wehrlosen Mahner. Diese Maskerade hat nicht nur den hübschen Effekt, dass man fast alle Projekte der Regierung verzögern kann – um anschließend „Chaos“ zu beklagen, als wäre man nicht beteiligt. Noch viel erfreulicher: So lässt sich Lobbyismus verschleiern.

Das war schon bei der Gesundheitsreform zu besichtigen: Ärzte, Apotheker und die Pharmaindustrie müssen sich kaum an den Lasten beteiligen – dank der Union, die dies via Bundesrat durchgesetzt hat. Aber wer erinnert sich noch daran? Stattdessen entlädt sich der Patientenzorn bei der SPD.

Ein ähnliches Lobbyprojekt verfolgt die Union nun unter dem sperrigen Titel „Alterseinkünftegesetz“: Sie will das Steuerprivileg für Kapitallebensversicherungen retten. Bisher sind Erträge dort nach zwölf Jahren Laufzeit steuerfrei – das will die Regierung abschaffen.

Ohne Steuerprivileg, so ist abzusehen, würde niemand mehr eine Kapitallebensversicherung abschließen. Sie rentiert sich nicht, auch wegen der hohen Verwaltungskosten. Die Versicherungskonzerne sind alarmiert, zum Beispiel die Allianz in München – und also ist die CSU auch verstört.

Ganz platt darf Lobbyismus natürlich nicht daherkommen – das angebliche Volksinteresse muss schon bemüht werden. Diesmal also behauptet die Union, die Lebensversicherung sei die beliebteste Anlageform in der Bundesrepublik. Das stimmt. Was sie vergisst zu erwähnen: Die Hälfte aller Deutschen löst ihre Lebensversicherung vorzeitig auf – unter hohen Verlusten, weil zunächst die Verwaltungskosten und Gewinnansprüche der Versicherer zu bezahlen sind. Aber das bemerken viele erst, wenn es zu spät ist.

Genauso dürfte es mit den Lobbyismusmanövern der angeblichen Opposition CDU sein. Ja, gestern war was im Bundesrat.