: Der Weg in die blaue Oase
Die „Blaue Karawane“ bezieht ihre neuen Räume im Überseehafen. Bis zur Eröffnung am Freitag arbeiten Ausgegrenzte und „Normale“ angestrengt am Umzug in den Speicher XI
taz ■ Das Flaggschiff des Vereins „Blaue Karawane“ ist rund zehn Meter lang. Es ist innen aus Holz und außen aus blauem Plüsch. Das blaue Kamel ist mehr als nur ein Maskottchen. Es ist das Erkennungszeichen der Blauen Karawane, die sich seit 20 Jahren für psychisch Kranke, für Menschen mit Behinderung, für Ausgegrenzte allgemein einsetzt. 1985 zog die Karawane aus psychisch Kranken und „Normalen“ erstmals von Triest nach Bremen, um zu zeigen, dass diese Menschen nicht in Anstalten eingesperrt werden müssen, sondern sich in den Alltag integrieren können. 1994 und 2000 gab es weitere Karawanen, die nächste wird frühestens 2005 starten. Doch an diesem Wochenende war bereits ein kleiner Trupp in Bremen unterwegs, um mitsamt Kamel in die neuen Räume im Speicher XI einzuziehen.
Mit der „Karawanserei“ hat die Karawane erstmals eine feste Bleibe. Bisher gab es nur ein kleines Büro in einem Waller Hinterhof und die Begegnungsstätte „Café Blau“, zuletzt im Überseemuseum untergebracht. Im Speicher XI im Bremer Westen bekommt die Karawane auch Werkstätten und einen Veranstaltungsraum.
Bis zur Eröffnungsfeier am Freitag wollen der Vereins-Mitgründer Klaus Pramann und seine Mitstreiter die neue Heimat wenigstens notdürftig eingerichtet haben. Auch diese Arbeit ist gleichzeitig eine Art Therapie – für beide Seiten. „Ich brauche den Kontakt zu den Menschen am Rande der Gesellschaft“, sagt der Arzt. „Sonst wäre mir das Leben viel zu langweilig.“
Selbst die an sich öde Arbeit, einen alten Tresen aus dem Überseemuseum ins neue Domizil zu bringen, ist hier ein großer Spaß. Alle packen an, wenn auch etwas unkoordiniert. Das Stück holpert und kracht die Stufen des Museums hinunter. Die Gäste des Cafés vor dem Überseemuseum schauen irritiert zu der bunten Gruppe herüber. Doch am Ende steht der Tresen unversehrt im Lastwagen. „Natürlich dauert bei uns alles etwas länger“, sagt Klaus Pramann.
Auf den ersten Blick haben die Umzugshelfer an diesem Tag nicht viel geschafft. Sie haben ein paar Palmen für die Feier aufgestellt, das Kamel einmal aus dem Anhänger herausgeholt und wieder hineingehoben und den Tresen vom Museum ins neue Domizil gebracht. Aber sie haben zusammen etwas geleistet und das sei mindestens genauso wichtig wie das sichtbare Ergebnis, sagt Pramann.
Entsprechend zufrieden sitzen später dann die 20 Helferinnen und Helfer vor einem großen Topf mit selbstgekochter Suppe. Und für den Außenstehenden verschwimmen dabei die Grenzen zwischen Kranken und Gesunden, zwischen Normalen und „Verrückten“.Steffen Hudemann
Eröffnungsfeier der Karawanserei: 4. Juli um 19 Uhr im Speicher XI