: Passagierdaten fliegen voraus
Nach dem Beschluss über das Abkommen zur Übermittlung von Fluggastdatenan US-Behörden erwägt das EU-Parlament Klage beim Europäischen Gerichtshof
BRÜSSEL taz ■ EU-Kommission und Rat haben die Bedenken des EU-Parlaments beiseite gewischt und ein Abkommen über den Zugriff von US-Behörden auf Passagierdaten gebilligt. Sollte es wie geplant nächste Woche unterzeichnet werden, wäre nach Lesart der EU-Kommission der Datenschutz für Passagiere von Transatlantikflügen gesichert. Das EU-Parlament (EP) dagegen sieht in dem Abkommen einen Bruch des EU-Datenschutzrechts und will vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) prüfen lassen, ob die Datenschutzrichtlinie dafür nicht geändert werden müsste. Dabei hätte das EP ein Mitentscheidungsrecht.
Ein Kommissionssprecher vermutete gestern, „dass wir vom EuGH dazu nichts hören werden“. Nach gängiger Rechtsprechung wird ein Gutachten hinfällig, wenn durch den Abschluss eines Abkommens Fakten geschaffen sind. Das EP kann jetzt nur noch vor dem EuGH gegen das Abkommen klagen, wenn es dadurch seine Rechte verletzt sieht. Das müsste binnen zwei Monaten geschehen. Da das Plenum so kurz vor Europawahl und Sommerpause nicht mehr zusammentritt, dürfte dies schwierig sein. Allerdings hat der Grünen-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit bereits vom Rechtsausschuss eine außerordentliche Sitzung verlangt.
Die EU-Kommission betont, sie habe gegenüber den anfänglichen Forderungen der US-Behörden viele Zugeständnisse erreicht. Die meisten Daten sollen 3,5 Jahre gespeichert werden. Nur Daten, die das Interesse der Ermittler wecken, kommen für weitere acht Jahre ins Archiv. Informationen, die in eine Ermittlung einfließen, können aber für die gesamte Dauer des Verfahrens aufbewahrt werden. Ein Fluggast, der ins Raster der US-Behörden gelangt, hat also faktisch keine Garantie, wann seine Daten wieder verschwinden.
Wenigstens sind Daten über Essgewohnheiten, Rasse oder Gesundheit der Reisenden von der US-Wunschliste gestrichen worden. Europol soll überwachen, dass nur vereinbarte Daten gesammelt und nach der verabredeten Zeit gelöscht werden. Mindestens einmal pro Jahr treffen sich Vertreter der US-Heimatschutzbehörde mit Datenschutzbeauftragten und Ermittlern der EU-Partner zur Kontrolle des Verfahrens. DANIELA WEINGÄRTNER