Kampagne für nazifreie Zonen

„Laut gegen Nazis“ beobachtet erschreckende Zunahme rechtsradikaler Gewalttaten und will in Norddeutschland gegen Dresdner Fascho-Aufmarsch mobilisieren. Gaststädten sollen per Aufkleber nazifreie Zonen werden

Gleich vier zentrale Botschaften hatte die Hamburger Kampagne „Laut gegen Nazis“ am Dienstag auf ihrer Jahrespressekonferenz in der Hansestadt auf dem Tableau. Die erschreckendste: Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit haben rechtsradikale Gewaltexzesse deutlich zugenommen. Laut Auskunft der Bundesregierung wurden allein in der ersten Hälfte des vorigen Jahres rund 620 Menschen Opfer rechter Gewalt. Sechs Menschen kamen nach Informationen der Organisation 2008 durch solche Übergriffe ums Leben.

Um rechten Umtrieben entgegenzuwirken, arbeitet „Laut gegen Nazis“ derzeit an drei Kampagnen gegen rechte Umtriebe. Aktuell steht unter dem Slogan „Geh denken“ die Mobilisierung gegen den „größten Neonaziaufmarsch Europas“ im Vordergrund, zu dem am 14. Februar 8.000 Rechtsradikale in Dresden erwartet werden. Da vor allem norddeutsche Neonazis wie der NPD-Funktionär Thomas Wulff zum Jahrestag des „Dresdner Feuersturms“ mobilisieren wollten, will „Laut gegen Nazis“ auch möglichst viele Antifaschisten aus den Nord-Ländern zur geplanten Gegendemo bewegen.

Daneben will die Organisation vor allem das Programm „Exit Deutschland“ retten, dass ausstiegswillige Neonazis unterstützt und ihnen Schutz bietet, retten. Wegen fehlender staatlicher Unterstützung musste Exit Ende 2008 fast alle Mitarbeiter entlassen. Nicht weniger wichtig: Mit Spendengeldern soll eine Informationsstelle für Wirtschaftsunternehmen aufgebaut werden, die sich gegen den Rechtsextremismus engagieren wollen.

Mit der Kampagne „Go Areas“ will „Laut gegen Nazis“ zudem Gastronomen vor rechtsradikalen Gästen schützen. „Betreiber von Kneipen, Hotels oder Restaurants wissen häufig nicht, wie sie mit solch unliebsamem Besuch umgehen sollen“, weiß Musiker Smudo („Die Fantastischen Vier“), einer der prominenten Unterstützer der Kampagne.

Gegen einen Beitrag von 50 Euro erhalten die Wirte etwa einen Aufkleber, der ihr Lokal als Ort ausweist, an dem rassistische und nationalistische Töne unerwünscht sind. Bundesweit haben sich bereits 60 Gastronomen angemeldet, die Hälfte davon aus Hamburg. Dazu gehören etwa das Bremer Mono, das Café Mezzo aus Hannover oder das Hamburger Edel-Hotel „Side“. Dessen Manager Olaf Philip Beck betont: „Wir haben 135 Mitarbeiter aus 18 Nationen und begrüßen Gäste aus aller Welt – ein Zeichen für Toleranz ist da selbstverständlich“. MARCO CARINI