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Archiv-Artikel

Der Äpfel mit Birnen vergleichende Schnellschuss

Opposition und Drogenhilfeeinrichtungen kritisieren Evaluationsbericht zum Hamburger Suchthilfesystem

Von mac

Martin Schäfer, drogenpolitischer Sprecher der SPD: „Bei mancher Gegenüberstellung, die beweisen soll, dass Hamburgs Drogenhilfe teurer ist als die anderer Städte, vergleichen die Gutachter Äpfel mit Birnen. Schon deshalb taugt das Gutachten nicht als Freibrief für die Durchsetzung beschlossener Kürzungen. Bereits seine Prämissen – etwa die Ausstiegsorientierung als oberste Maxime für den Erfolg einer Einrichtung – sind für die Praxis untauglich, da sie eine gefährliche Verkürzung der realen Probleme darstellen.“

Norbert Dworsky, Geschäftsführer von Freiraum e. V.: „Die Evaluation ist ein Schnellschuss, der wissenschaftlichen Kriterien nicht standhält. Der Senat hat durch seine Vorgaben für das Gutachten genau das Feigenblatt erhalten, das er braucht, um die Heckenschere bei vielen Drogenhilfeeinrichtungen anzusetzen. Die Vorgabe, ein bundesweit vorbildliches Drogenhilfesystem etwa im Bereich der psychosozialen Betreuung auf bundesdeutsches Schmalspur-Mittelmaß herunterzustutzen, wird konkret spürbare Folgen haben: Schon heute bekommen wir Crack-Abhängige mit Psychosen nicht mehr in entsprechende psychologische Betreuungsmaßnahmen untergebracht. Wer hier weiter streicht, nimmt in Kauf, dass Menschen, die aufgrund ihrer Sucht auffällig und schwierig sind, sich zu wandelnden Zeitbomben entwickeln.“

Katja Husen, drogenpolitische Sprecherin der GAL: „Das Gutachten zeigt, dass es bei der Drogenhilfe nicht die Überversorgung gibt, die immer unterstellt wurde – bei Suchtprävention und Ausstiegshilfen liegt danach einiges im Argen. Der CDU dürfte es schwer fallen, die Evaluation so zu interpretieren, dass weitere finanzielle Einsparungen möglich sind. Aus ideologischen Gründen ist eine Begutachtung der gesamten Suchthilfe einschließlich des Problems der legalen Drogen unterblieben. Doch gerade hier muss die von den Gutachtern geforderte Prävention bei Kindern und Jugendlichen ansetzen. Begrüßenswert ist die Forderung der Gutachter nach einer verstärkten Hinwendung zu MigrantInnen und AussiedlerInnen.“ mac