: Hauptschulen fühlen sich benachteiligt
In einem offenen Brief an Senator Klaus Böger (SPD) fordern Hauptschulleiter mehr Unterstützung. Sie befürchten, dass ihre Schüler ansonsten den Anschluss gänzlich verpassen. Die Bildungsverwaltung hält die Kritik für unbegründet
Mehr Lehrkräfte und mehr Geld fordern die HauptschulleiterInnen in einem offenen Brief an Bildungssenator Klaus Böger (SPD). Ansonsten könnten „die zusätzlichen Aufgaben“, die durch das neue Schulgesetz auf die Hauptschulen zukommen, „nicht bewältigt werden“, heißt es in dem Schreiben. Zudem befürchten die Pädagogen, dass ihre Schüler durch den geplanten „mittleren Schulabschluss“ von der restlichen Sekundarstufe I „abgekoppelt“ werden. Thomas Isensee, Schulexperte der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), hält diese Pläne des Senats für „verfassungswidrig und nicht haltbar“. Vom Schuljahr 2005/06 an sollen die neuen Regelungen greifen.
Die Bildungsverwaltung weist indes darauf hin, dass die Kritik sich nur auf Entwürfe der Behörde beziehe. „Das ist noch nicht so ganz gar“, sagt Pressesprecherin Anne Rühle. Momentan werde an der Umsetzung des neuen Schulgesetzes, das vor drei Monaten verabschiedet wurde, noch gearbeitet. Sicher sei jedoch, dass den ohnehin am stärksten geförderten Hauptschulen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt würden.
Vorgesehen ist, dass Realschüler und Gymnasiasten ab Klasse 7 mehr Unterricht erhalten, um in Zukunft bereits in zwölf Jahren das Abitur zu bekommen. Dafür werden den Schulen mehr Lehrer zugeteilt. Bisher sind jedoch die Hauptschulen davon ausgenommen. Nach der zehnten Klasse aber treten Schüler aller Schulformen gemeinsam an, um den geplanten mittleren Abschluss zu bekommen.
„Das ist doch ein Widerspruch“, sagt Isensee von der GEW. „Der Senat will mehr Gleicheit zwischen den verschiedenn Schulen und schafft größere Unterschiede.“ Senatssprecherin Rühle hält diese Kritik für unbegründet. „Die Hauptschüler, die Abitur machen wollen, sind wirklich Einzelfälle“, sagt sie. Angesichts der Realität an Hauptschulen müsse man froh sein, wenn die Schüler überhaupt einen Abschluss machen würden.
Auf die Hauptschule kommen zwei neue Aufgaben zu. Das neue Schulgesetz sieht zum einen vor, die Klassen 7 und 8 nach Leistungen aufzuteilen und die schlechteren Schüler praktischer zu fördern. Zum anderen sollen sie die so genannten BB-10-Lehrgänge von Schülern mit bisher gescheiterter Schulkarriere übernehmen. Bisher sind diese kleinen Lerngruppen an den Oberstufenzentren angesiedelt.
Die Leistungen Berliner Hauptschüler sind im deutschlandweiten Vergleich jedes Jahr die schlechtesten: Jeder dritte Hauptschüler verlässt laut Statistischem Bundesamt die Schule ohne Abschluss. Im bundesweitem Durchschnitt dagegen tut das nur jeder zehnte. Am besten sieht es in Baden-Württemberg aus. SASCHA TEGTMEIER