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Archiv-Artikel

„Die Grünen haben Nordrhein-Westfalen gequält“

Friedhelm Farthmann, ehemaliger SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, über die Beilegung der Koalitionskrise in NRW: „Das Ergebnis ist fatal“

taz: Herr Farthmann, wem hat die Koalitionskrise genützt?

Friedhelm Farthmann: Im Endeffekt wohl ausschließlich den Grünen, die sich jetzt als Retter von Nordrhein-Westfalen aufspielen können, obwohl sie das Land die ganzen Jahre mit vielen Absurditäten gequält haben.

Warum hat der Ministerpräsident denn dann die Krise ausgelöst?

Das wird er am besten selbst erklären können. Ich habe zunächst seinen Schritt sehr begrüßt, weil er aus heutiger Sicht die einzige Chance für die SPD gewesen wäre, die Wahlen 2005 gewinnen zu können. Das hängt natürlich auch noch von der parteipolitischen Gesamtlage ab. Es könnte sein, dass in Berlin, wo ja offenbar die Aktien der SPD wieder im Steigen begriffen sind, eine so gute Entwicklung einträte, dass auch NRW davon mitgerissen wird.

Darauf ist kein Verlass.

Die nordrhein-westfälischen Daten sind jedenfalls nicht dazu angetan, der SPD in dieser Koalition mit den Grünen einen Wahlsieg zu ermöglichen. Ich halte das für ausgeschlossen.

Was ist schief gelaufen für die SPD?

Wenn man so eine Sache anfängt, wie es Steinbrück mit dem Infragestellen der Koalition getan hat, dann darf man nicht den geringsten Zweifel daran haben, dass man damit Erfolg hat. Wenn man so ein Unternehmen aber abbrechen oder korrigieren muss, dann ist der Eindruck verheerend.

Es heißt, Steinbrück sei ohne Konzept in die Krise gegangen.

Wie man Steinbrück sonst kennt, ist das nicht anzunehmen. Ich kann es mir nur so erklären, dass er entweder die Courage verloren hat gegenüber den Widerständen in der Partei – mit denen er aber rechnen musste. Oder es ist ihm aus Berlin die Marschrichtung vorgegeben worden, die Koalition aufrechtzuerhalten. Was auch immer – das Ergebnis ist gleich fatal.

Hätten Sie eine Koalition mit der FDP für sinnvoller gehalten?

Nein. Die FDP ist in Düsseldorf noch ein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Und bei den teilweise nicht guten Erfahrungen mit der FDP auch auf Bundesebene glaube ich kaum, dass man das hätte ernsthaft riskieren können.

Also eine große Koalition?

Ja. Oder, wenn sich die CDU verweigert hätte, dann hätte sie eine Minderheitsregierung der SPD dulden müssen. Das hätte man bis zum Ende der Legislaturperiode auch ganz sicher ausgehalten.

Sie glauben, das hätte die Chancen der SPD bei den nächsten Landtagswahlen erhöht?

Eine große Koalition ganz sicher. Das wäre ein richtiger Neuanfang gewesen, und alle Leute hätten das Gefühl gehabt, jetzt wird über parteipolitische Gesichtspunkte hinweggesehen, jetzt wird das gemeinsame Ganze ins Auge gefasst. Ob das später so realisiert worden wäre, steht auf einem anderen Blatt. Aber der Eindruck hätte sich vermittelt.

Peer Steinbrück spricht nun von einem „Düsseldorfer Signal für Erneuerung und Konzentration“.

Genau das ist das, was davon nicht ausgeht und nicht ausgehen wird und nicht ausgehen kann. Schön wär’s ja. Aber es wird ein frommer Wunsch bleiben.

INTERVIEW: STEFAN KUZMANY