: Rausradeln nach Brandenburg
Radeln in Brandenburg wird immer beliebter. Auch die Industrie- und Handelskammern setzen deshalb ganz auf den Radtourismus. Schließlich kann der Tourismus auf zwei Rädern Zuwachsraten in zweistelliger Höhe vorweisen
Wenn am 6. Juni die Radler aus Eberswalde, Strausberg, Königs Wusterhausen oder Oranienburg zur Sternfahrt nach Berlin kommen, wird die Radlerwelt auf den Kopf gestellt. Denn normalerweise verhält es sich umgekehrt. Nicht die Brandenburger radeln nach Berlin, sondern die Berliner nach Brandenburg. Und das gleich in Scharen.
In einer Studie über das Ausflugsverhalten der Berliner hat das Institut für Tourismus an der FU herausgefunden, dass 35,7 Prozent der Hauptstädter im Jahr 2003 einen Radausflug nach Brandenburg gemacht haben. Von denen wiederum war mehr als ein Drittel zehn und mehr Male per Rad im Umland unterwegs. Damit tragen die Berliner wesentlich zum Boom des Radtourismus in Brandenburg bei. Radtourismus, das ist nicht nur eine Erfolgs-, sondern auch eine sehr junge Geschichte. „Vor fünf Jahren war noch keiner mit dem Rad von Berlin zur Ostsee unterwegs“, sagt der Sprecher des ADFC, Benno Koch. „Heute sind es täglich hunderte.“ Koch führt den Boom vor allem auf zwei Dinge zurück: das zunehmende Bewegungsbedürfnis und den Ausbau der Infrastruktur. „Seit der Radweg Berlin–Kopenhagen fertig ist, wird der richtig zur Piste“, freut sich Koch. Und dann gibt es da ja noch den Havelland-Radweg, den Fläming-Skate, Berlin–Usedom, den Spreeradweg und das Barnimdreieck. Letzteres, so Koch, „ist der Aufsteiger des Jahres“.
Mittlerweile ist der Radtourismus in Brandenburg sogar die große Hoffnung. In Angermünde zum Beispiel schreibt man Radfahren inzwischen groß, weiß Johanna Henschel, die Geschäftsführerin des Tourismusvereins. „Wenn die Arbeiten am uckermärkischen Radrundweg abgeschlossen sind, wird Angermünde ein wichtiges Radwegekreuz“, freut sie sich. „Dann gibt es den Anschluss an den Oder-Neiße-Radweg und zum Radweg Berlin–Usedom.“ Aber auch jetzt schon boomt das Geschäft mit den Radfahrern. „Im letzten Jahr hatten wir in der Bettenauslastung eine Steigerung von sieben Prozent“, sagt Henschel, „und wir sind guter Dinge, dass es dieses Jahr so weitergeht.“
Dass diese Hoffnung berechtigt ist, zeigte zuletzt eine Befragung der Industrie- und Handelskammern Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam bei rund 200 Beherbungs- und Gastronomieunternehmen. „60 Prozent von ihnen messen dem Segment Radfahren ein steigendes wirtschaftliches Potenzial bei“, sagt Kenneth Frisse von der Arbeitsgemeinschaft der Brandenburger IHKs. Vor allem wer an einem ausgebauten Radweg liegt, habe in den vergangenen fünf Jahren nicht selten investiert und neue Mitarbeiter angestellt. Kein Wunder, dass der Ausbau der Radwege ganz oben auf dem Forderungskatalog der IHKs steht.
Mit dem Radtourismus als Boombranche liegt Brandenburg übrigens ganz im Bundestrend. Während die Kennziffern im „normalen“ Tourismus eher stagnieren, wies der Farradtourismus 2003 einen Zuwachs von 12,5 Prozent auf. Wer also noch mal richtig einsam radeln will, sollte am 6. Juni unbedingt raus aus Berlin nach Brandenburg.
UWE RADA
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen