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Archiv-Artikel

Die Flick-Collection in Berlin bleibt umstritten

Michael Fürst, Direktoriumsmitglied im Zentralrat der Juden, fordert den Verzicht. Michael Blumenthal, Direktor des Jüdischen Museums in Berlin, befürwortet die Ausstellung

Von WBG

Nach Salomon Korn fordert auch Michael Fürst, Direktoriumsmitglied im Zentralrat der Juden, den Verzicht auf die geplante Ausstellung der Flick-Collection in Berlin. Die Herausstellung des Familiennamens in der ehemaligen Reichshauptstadt bedeute eine „unerträgliche Provokation all jener, die Hunger, Demütigungen und Quälereien als Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge in den Unternehmen Ihres Großvaters ertragen mussten“, schreibt Fürst in einem offenen Brief an Friedrich Christian Flick, der unserer Zeitung vorliegt.

Flick sei nicht an den Verbrechen seines Großvaters schuld, doch als Erbe, auch des Namens, trage er eben ein hohes Maß an moralischer Verantwortung. Verantwortung sieht Fürst aber auch auf Seiten der Politik. Ihn erschrecke „der Mangel an Sensibilität bei den Kulturpolitikern Berlins, die der Glamour des großen Geldes und das gigantische Ausmaß Ihrer Sammlung offensichtlich blind und vergesslich gemacht hat“. Im Ausland registriere man mit Beunruhigung diese Vergesslichkeit und fehlende Moral der Berlin Republik. „Gerade eine staatliche Kunsteinrichtung wie Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in deren Museum Ihre Kunstobjekte präsentiert werden sollen, hätte sich sehr genau überlegen müssen, auf was sie sich einlässt“, schreibt Fürst und zielt dann auf das Kanzleramt: „Niemand versteht, warum die politischen Kontrolleure der Stiftung nicht ernsthaft hinterfragt haben, wer und was eigentlich hinter der Flick-Collection steht.“

Schließlich gibt Fürst noch zu bedenken, dass selbst Flicks möglicher Entschluss, einen Teil seiner Sammlung dem Staat zu schenken – um der wachsenden Kritik zu begegnen –, problematisch wäre. Denn der Staat dürfte eine solche Teilschenkung niemals annehmen. „Er würde andernfalls sofort in den Verdacht geraten, korrumpierbar und käuflich zu sein.“

Der Direktor des Jüdischen Museums in Berlin, Michael Blumenthal, stellt dagegen in der aktuellen Spiegel-Ausgabe fest: „Flick hat nichts getan oder gesagt, was auf eine Sympathie mit den Taten seiner Vorfahren schließen lässt“, und findet es nicht verwerflich, „dass Flick mit seinem Geld eine Kunstsammlung aufgebaut hat und dass er diese nun der Öffentlichkeit präsentieren möchte“.

Nun unterstellt freilich niemand Friedrich Christian Flick solche Sympathien. Es ist durchaus positiv vermerkt worden, dass er 2001 in Potsdam die „Stiftung gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz“ gegründet hat, die die Jugendarbeit in Ostdeutschland unterstützt. Hätte er es dabei belassen, hätte er sich gar für die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte des Flick-Imperiums eingesetzt, dann hätte er persönlich jeden Respekt der Zivilgesellschaft verdient. Tatsächlich möchte aber Flick mit der Präsentation seiner Sammlung weit mehr: der dunklen Seite seiner Familiengeschichte eine hellere hinzufügen. Das hat er mehrfach öffentlich betont. Es ginge darum, die dunkle Seite auszuleuchten in der offensiven, öffentlichen Auseinandersetzung mit der familiären Vergangenheit. Kunst kann dazu nichts beitragen. Bruce Naumans Werke sprechen nicht von Sklavenarbeit. WBG