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Archiv-Artikel

Konjunkturpaket im Kleinen

Eine niedersächsische Gemeinde hat gut gewirtschaftet und schenkt jedem Einwohner 100 Euro. Die SPD hätte lieber einen Sozialfonds, doch der Bürgermeister hat sich durchgesetzt. Auch wenn Geld verschenken schwer nicht einfach ist

Der Anfangsbuchstabe ist das einzige, was Berlin mit Buchholz und die Bundeskanzlerin mit dem dortigen Bürgermeister Hartmut Krause gemein haben. Vergangenes Jahr nahm Buchholz (Kreis Schaumburg) mehr Gewerbesteuer ein als geplant – die Zinsen gibt es jetzt zurück.

Deswegen gehen jetzt hundert Euro an jeden Einwohner, der am 1. Januar 2009 in Buchholz gemeldet war. „Vor allem wegen der gestiegenen Energiekosten und natürlich der Konjunkturflaute“, sagt Hartmut Krause. Bei einer vierköpfigen Familie sind das immerhin 400 Euro. Und auch ALG II-Empfänger dürften sich ordentlich über den „Tropfen auf den heißen Stein“, wie er von der SPD kritisiert wird freuen. Die Sozialdemokraten hätten es lieber gesehen, mit dem Geld einen Sozialfonds für Bedürftige einzurichten. Wie man die Bedürftigen hätte herausfiltern sollen, die Antwort blieb die SPD, laut Bürgermeister Krause, schuldig. „Ganz zu schweigen vom bürokratischen Aufwand“, sagt er, und weiter „es ist echt nicht so einfach, Geld zu verschenken“. Zumindest die Frage der Versteuerung ist geklärt: Jeder wird den vollen Betrag bekommen. Es sei denn, man verzichtet freiwillig.

Im Juli vergangenen Jahres waren 763 Personen in Buchholz gemeldet, was einer Ausschüttungssumme von 76.300 Euro entspricht. Die eingenommenen Zinsen belaufen sich sogar auf 85.000 Euro, finanziell steht die Gemeinde ohnehin gut da: Rund 2,5 Millionen hatte sie im Jahr 2007 auf der hohen Kante, 2008 sogar noch etwas mehr. Krause hat dafür eine einfache Erklärung: „Wir sind immer sparsam und geben nicht mehr aus, als wir haben.“

Bei der Zahlung handele es sich um eine einmalige Sache, „um den Bürgern unter die Arme zu greifen“, sagt Krause. Den Vorwurf des Wahlgeschenks entkräftet er ebenso, wie die Behauptung, das Geld würde bei anderen Projekten fehlen: „Erst in zweieinhalb Jahren wird wieder gewählt“ und außerdem nehme man schließlich kein Geld aus den Rücklagen.

Auch sonst gibt die Gemeinde viel Geld für ihre Bürger aus: Karten für Freibäder gibt es 50 Prozent billiger, ebenso Busfahrkarten für Schüler, die ab Klasse zehn sonst nämlich keinen Fahrtzuschuss mehr bekommen würden.

Die 100-Euro-Idee entstand bereits vergangenen Herbst, 14 Tage bevor die Bundesregierung über Konsumgutscheine debattierte. Dass Berlin sich etwas abgeguckt hat, schließt Krause aus. CHRISTOPHER OST