piwik no script img

Sportsfreunde lassen die Muskeln spielen

Der Protest gegen die Gebühren für Hallennutzung kommt jetzt richtig in Schwung. Einige Sportvereine organisieren sich und stellen die Machtfrage im Stadtsportbund Köln. Der setze der Sparpolitik keinen Widerstand entgegen, kritisieren sie

VON DIRK ECKERT

Die Sportstättennutzungsgebühren, die die schwarz-grüne Koalition beschlossen hat, sorgen weiter für Unmut unter den Kölner Sportvereinen. Für den 18. Juni rufen die Sportjugend Köln und verschiedene Vereine zu einer Großdemonstration vor dem Historischen Rathaus auf, wenige Tage vor der Kommunalwahl im September soll eine zweite Demonstration folgen.

„Die Politik stiehlt sich aus der Verantwortung gegenüber dem Kölner Breitensport“, kritisieren Vereine und Sportjugend. „Sonst wird das Ehrenamt hochgehoben, aber hintenrum behindert man uns“, kritisiert Horst Nettesheim, 1. Vorsitzender des SV Weiden und einer der Sprecher der „Initiative Kölner Sportvereine“ (IKS). „Bisher hat sich der Sport nicht gegen die Kürzungen gewehrt“, räumt er selbstkritisch ein. Aber jetzt sei „ein gewisser Siedepunkt“ erreicht, an dem immer mehr Sportvereine Kürzungen nicht mehr hinnehmen wollten. CDU und Grüne im Kölner Rat hatten am 13. Mai beschlossen, angesichts knapper städtischer Finanzen auch die Vereine zur Kasse zu bitten und eine Hallennutzungsgebühr einzuführen. Sportler müssten demnach eine Gebühr von 1,13 bis 2,26 Euro pro Stunde entrichten. Die Schwimmbadgebühr wird von 18 auf 36 Euro pro Schwimmer und Jahr erhöht.

Auch der Stadtsportbund Köln (SSBK), der Dachverband der rund 800 Kölner Sportvereine, unterstützt mittlerweile die Demonstration. Zuvor war es zwischen ihm und der IKS zu Auseinandersetzungen gekommen, wie die Vereine auf die Kürzungspläne der schwarz-grünen Koalition reagieren sollten. Der Stadtsportbund wollte einen Sportförderverein gründen, um die Kürzungen gemeinsam auszugleichen. Eine „Sicherheitslösung“ sei das gewesen, sagt Sportbund-Vize Raymund Witte, nachdem sich unter den Vereinen kein Protest geregt hätte und die Einführung der Gebühren absehbar gewesen sei.

Pro Jahr hätte dieser Förderverein 860.000 Euro aufbringen müssen, im Gegenzug hätte Schwarz-Grün auf die Hallennutzungsgebühr verzichtet. Das Projekt scheiterte jedoch: Nur 20 Prozent der Vereine wollten dem Förderverein beitreten, Schwarz-Grün beschloss die Hallen- und Schwimmbadnutzungsgebühr.

Witte kündigte daraufhin seinen Rücktritt an, hielt aber gleichzeitig am umstrittenen Förderverein fest: Die Mehrheitsfraktionen im Stadtrat hätten 200.000 Euro Unterstützung für den Förderverein signalisiert, zudem gebe es Zusagen von privaten Sponsoren in Höhe von 120.000 Euro. „Die Kölner Sportvereine sollten sich diese Unterstützung nicht entgehen lassen“, schrieb Witte am 18. Mai in einem Offenen Brief an die Sportvereine. Die geplanten Demonstrationen beurteilte er skeptisch: Zwar würden „nachträgliche Kundgebungen oder Streiks die Bevölkerung auf unsere Situation aufmerksam machen“, aber „die Sportvereine erhalten je nach vertraglicher Situation in Kürze rechtskräftige Gebührenbescheide für 2004 und müssen diesen zunächst nachkommen“. Die „schlechte Finanzlage und das Haushaltssicherungskonzept“ forderten eben auch vom Breitensport „ihren Tribut“, so der Sportbund-Vize.

Dass der Stadtsportbund jetzt die Zusagen von Politik und Sponsoren als Argument für den Förderverein aufführt, hält Nettesheim für „unredlich“. Dass es solche Zusagen gebe, „ist ausschließlich das Verdienst der IKS“, betont er. Die IKS hatte sich aus Protest gegen die Politik des Stadtsportbundes gegründet, dem sie vorwarf, den Kürzungsplänen der Stadt mit der Idee eines Fördervereins auch noch entgegenzukommen. Inzwischen hat ein Gespräch zwischen Stadtsportbund und IKS stattgefunden. Die IKS zeigte sich danach zufrieden, dass Stadtsportbund und IKS den „bisherigen Konfrontationskurs“ verlassen hätten. Für Nettesheim verdeutlicht der Streit um den Förderverein, dass die Vereine zu wenig Mitspracherecht im Stadtsportbund hätten. Fachbereiche und Stadtbezirkssportverbände des Stadtsportbundes hätten den Förderverein beschlossen, bezahlen müssten ihn aber die Vereine. „Die haben etwas beschlossen, was andere bezahlen sollen“, kritisiert Nettesheim.

Er schlägt vor, dass Fachbereiche künftig nur noch beratend tätig sein sollten. Die Vereine müssten dagegen unmittelbar mit Sitz und Stimme vertreten sein. Sportbund-Vize Witte hält von solchen Ideen allerdings nicht viel. „Auch die sportfachliche Seite muss entsprechend repräsentiert sein“, gerade die kleineren Vereine seien auf die Fachbereiche angewiesen. Trotzdem wolle der Stadtsportbund demnächst eine Strukturkommission einberufen, um die vorhandenen Strukturen zu „optimieren“, wie Raymund Witte sagt. Ansonsten sieht er die Debatte um eine stärkere Beteiligung der Kölner Vereine gelassen. „Alle fünf Jahre kommt die wieder.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen