: Etikettenschwindel (2)
Betr.: „Völlig neue Kompositionen sind möglich. Jetzt!“, taz nord v. 17.5.
Ob Thomas Kunz mit seiner schönen Installation zur ästhetischen Auseinandersetzung mit der Schwerelosigkeit Kunstgeschichte geschrieben hat, wie es im Interview behauptet wird, kann ich nicht beurteilen. Aber ganz gewiss ist er nicht der Erfinder der Weltraumkunst und auch nicht der Erste, der Objekte für die Schwerelosigkeit entworfen hat. Der Schweiz-Amerikaner Arthur Woods zum Beispiel hat bereits vor über zehn Jahren die Skulptur „Cosmic Dancer“ geschaffen, die am 22. Mai 1993 zur russischen Raumstation „Mir“ geflogen wurde. Ein Video mit Aufnahmen der Skulptur an Bord der „Mir“ läuft häufig im Programm der „Space Night“ des BR und kann auf www.cosmicdancer.com heruntergeladen werden.
Es ist dringend nötig, die Vorherrschaft technischen und betriebswirtschaftlichen Denkens gerade in der Raumfahrt zu durchbrechen. Insofern freue ich mich über jeden Künstler wie Thomas Kunz, der sich dieser Thematik widmet, und wünsche ihm viel Erfolg bei der weiteren Arbeit. Aber Bremen sollte aufpassen, sich nicht mit einem Etikettenschwindel als Kulturhauptstadt Europas zu bewerben. Das kann nur nach hinten losgehen. Schön auf dem Teppich bleiben, auch in der Mikrogravitation.
Dr. Hans-Arthur Marsiske, Hamburg