: Integrationsförderung auf dem Prüfstand
Günter Piening, Integrationsbeauftragter des Landes, will die Förderpraxis seines Amtes neu strukturieren. Migrantenvereine und Wohlfahrtsverbände werden evaluiert. Profitieren sollen soziale Brennpunkte
Dem Integrationsbeauftragten des Landes Günter Piening steht keine leichte Zeit bevor. Er will die Förderpraxis seines Amtes völlig neu strukturieren – und das dürfte für eine Menge Ärger sorgen. Spätestens ab 2006 sollen die Integrationsmittel stärker auf die sozialen Brennpunkte konzentriert werden. Profitieren würden davon vor allem Kieze in den Innenstadtbezirken. „Zentral ist aber auch, welche Schichten die Vereine erreichen“, kündigte Piening gestern an. Schließlich seien die hohe Arbeitslosigkeit und der niedrige Bildungsstand der Migranten die beiden sozialpolitischen Herausforderungen der kommenden Jahre.
Damit stehen alle Fördermittel, die derzeit an Migranten-Selbsthilfeprojekte, an Wohlfahrtsverbände und auch die Werkstatt der Kulturen gehen, auf dem Prüfstand. Das Land gibt dafür jährlich insgesamt 4,2 Millionen Euro aus. Hinzu kommen Mittel des Bundes und der EU.
Derzeit werden alle Projekte evaluiert. Dazu haben sie bereits Fragebögen zur Selbsteinschätzung bekommen. Diese sollen jetzt von einem Expertengremium beurteilt werden. Wer zu diesen Fachleuten gehört, steht laut Piening noch nicht fest. Auch die Bezirke werden um eine Stellungnahme gebeten. Mit dieser „Blitzevaluation“ hat Piening im vergangenen Jahr bereits den Bereich Rechtsextremismus/Fremdenfeindlichkeit neu strukturiert. Der Unterschied: Die Projekte in diesem Bereich werden erst seit einem Jahr gefördert, die Integrationsmittel fließen zum Teil seit Jahrzehnten.
Als weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit bezeichnete Piening die bessere Integration junger Migranten. Sie bräuchten Chancengleichheit in Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarkt. Gute Ansätze würden die neuen Gesetze im Bereich Schule und Kita bieten. „Jetzt müssen sie auch umgesetzt werden“, so Piening. Zugleich müsse die Elternarbeit ausgedehnt werden, um „bildungsferne Schichten“ besser zu erreichen.
Auch die Integration der Migranten in den Arbeitsmarkt ist für Piening eine der wesentlichen Herausforderungen der nächsten Jahre. Derzeit seien rund 40 Prozent der nichtdeutschen Berliner erwerbslos. Damit sei die Quote zweieinhalbmal so hoch wie unter den Deutschen. Die Maßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit, so Piening weiter, würden die Migranten nicht erreichen. Durch die geplante Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV) werde das Problem weiter verschärft: „Weiterbildungsmaßnahmen sind an Vermittlungsquoten gekoppelt.“ Die meisten Migranten würden aber aufgrund von Bildungsdefiziten als nicht vermittlungsfähig gelten.
Außerdem plant Piening ein verbindliches Integrationskonzept für Neuzuwanderer. So soll ab 2006 jeder Einwanderer, der nach Berlin kommt, eine Art „Welcome-Package“ erhalten. Dazu gehören Informationen über Stadt und Land sowie über Anlaufstellen, die Beratung und Unterstützung bieten.
SABINE AM ORDE