Wochenübersicht: Bühne : Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Manch Berliner Kulturbau ist das Monument auswärtiger Krisen. Die Neue Nationalgalerie zum Beispiel. Eigentlich hatte Mies van der Rohe sie als Rumfabrik für Kuba geplant. Nach Fidel Castros Machtübernahme floh nicht nur die Familie Bacardi aufs amerikanische Festland, sondern auch das Kapital. So kam die Berliner Kunst an den Bau. Welche Krise dazu führte, dass der Friedrichstadtpalast als Revuetheater in Berlin, statt wie geplant, als Kulturpalast in Bagdad errichtet wurde, ist nicht mehr zu ermitteln. Sicher ist: hätte man ihn in Bagdad gebaut, ging es ihm deutlich schlechter. So ist er die wahrscheinlich einzige Kultureinrichtung, für die der Standort Berlin ein echter Glücksfall ist. Heute hat der Friedrichstadtpalast doppeltes Glück: die Revue macht Sommerpause, dafür kommen die Cover Girls & Cover Boys, also Barbara Schöneberger, Maren Kroymann, Gayle Tufts, Georg Uecker und Thomas Hermanns mit einer Schräg-Show, die sich als Gegengift zu „Deutschland sucht den Superstar“ versteht, also Easy-Listening, und zwar hardcore. Wer Genaueres über das Glück an sich erfahren will, sei „Das Glücksprojekt“ in den Sophiensaelen ans Herz gelegt. Regisseur Gian Manuel Rau und das Zürcher Theater Rote Fabrik erproben verschiedene Figuren des Glücks in Wort und Tat und versprechen, damit dem allgegenwärtigen Gefühl des Scheiterns das Abenteuer des Gelingens entgegenzusetzen. In den Theatern fangen am Wochenende endgültig die Ferien an. Im Prater kann man letzte Pollesch-Vorstellungen von „Soylent Green ist Menschenfleisch“ (9. 7.) bis „Sex“ (11. 7.) und „Stadt als Beute“ (12. 7.) sehen.
Sie wollen Urlaub machen und sind noch gar nicht urlaubsreif? Auch hier kann ein Theaterbesuch Abhilfe schaffen, und zwar die Volksbühne mit Frank Castorfs Dostojewski-Marathon „Der Idiot“.