: Handel vor heißem Sommer
Heute beginnen die Tarifverhandlungen für den Einzelhandel. Gewerkschaft will 4,9 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Unternehmer: Die Forderung ist nicht von dieser Welt
Für den Einzelhandel könnte dieser Sommer noch heiß werden. Denn bei den heute beginnenden Tarifverhandlungen für die rund 65.000 Beschäftigten der Branche liegen die Positionen zwischen Unternehmern und der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di weit auseinander.
Die Gewerkschaft verlangt 4,9 Prozent mehr Lohn und Gehalt. Der Einzelhandelsverband hält dies jedoch für nicht umsetzbar. „Die Forderung ist nicht von dieser Welt“, erklärte Nils Busch-Petersen, Chef des Berliner Einzelhandelsverbands, gestern. Ein höherer Tarifabschluss werde Jobs kosten. Jedes Prozentpünktchen mehr Lohn und Gehalt schlage in Berlin mit rund 1.000 Arbeitsplätzen weniger zu Buche.
Manfred Birkhahn, Ver.di-Einzelhandelsexperte, hält dagegen. Die Geschäfte würden nicht das Personal rationalisieren, weil die Löhne stiegen, sondern weil die Umsätze sänken. Die Unternehmen hätten eine sehr stringente Personalbemessung. „Die Kollegen brauchen aber mehr Geld.“ Gerade mal 1.510 Euro brutto erhalte eine Verkäuferin laut Tarif im ersten Berufsjahr, in der höchsten Stufe seien es 1.888 Euro. Ver.di-Mann Birkhahn schloss nicht aus, dass die Gewerkschaft ihren Forderungen „mit Aktivitäten Nachdruck verleihen“ wird. „Freiwillig haben die Unternehmer den Beschäftigten noch nie etwas gegeben.“ Der Chef des Einzelhandelsverbands, Busch-Petersen, verweist jedoch auf die schlechte Lage der Branche. Dieses Jahr drohe zum schlimmsten der Nachkriegsgeschichte zu werden. Einzelne Bereiche wie Möbel- und Buchhandel hätten nach erheblichen Einbrüchen im Vorjahr zu Beginn dieses Jahres weitere Einbußen zu verkraften gehabt. Letztlich kauften die Leute erst wieder mehr, wenn sie mehr Geld in den Taschen hätten. Die angekündigte Steuerreform der Bundesregierung sei ein erster Lichtblick. Busch-Petersen: „Bessern wird sich die Lage aber erst, wenn wieder mehr Menschen in Arbeit kommen.“ ROT