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Archiv-Artikel

press-schlag Neuer Besen mit Stallgeruch

Nach seinem Abschied von Borussia Dortmund wird Matthias Sammer postwendend als neuer Trainer des VfB Stuttgart vorgestellt

„Der neue Trainer muss in unsere Welt passen.“ Diesen Satz wiederholte Erwin Staudt, der Präsident des VfB Stuttgart, gebetsmühlenartig, nachdem feststand, dass Felix Magath die Schwaben vorzeitig in Richtung München verlässt. Auf Matthias Sammer, den der VfB gestern als Nachfolger Magaths präsentierte, trifft dies aus vielerlei Gründen zu.

Und wohl nicht zuletzt deshalb wartete Staudt mit der Verpflichtung eines neuen sportlichen Leiters, bis Klarheit herrschte, ob die klamme Dortmunder Borussia und Sammer zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung finden. Diese fand am Sonntag in angeblich „beiderseitigem Einvernehmen“ statt. Sammer stand in Dortmund in der Kritik, weil der selbst verschuldet in finanzielle Nöte geratene Verein erneut das Saisonziel verpasste und der BVB nun nur über den UI-Cup auf eine Teilnahme im Uefa-Cup hoffen darf. Die überbezahlte Mannschaft fuhr nicht nur zu wenig Siege ein, sondern strapazierte durch unattraktive Spiele die Geduld der treuen Anhängerschaft. Abnutzungserscheinungen zwischen Trainer und Mannschaft waren offensichtlich, und nicht nur die Entscheider beim westfälischen Traditionsclub trauten dem 36-jährigen Sammer nicht zu, die nötige Aufbruchstimmung für die neue Saison zu entfachen.

Nach vier Jahren, in denen Sammer 2002 als jüngster Bundesligatrainer aller Zeiten die Gelb-Schwarzen zur deutschen Meisterschaft führte, endet die Ära Sammer in Dortmund. Über die Abfindungsmodalitäten für den eigentlich bis 2006 gebundenen Großverdiener wurde Stillschweigen vereinbart. Auf die angeblich drei Millionen Euro, die er in Dortmund per anno einstrich, wird der ehemalige Nationalspieler in Stuttgart nicht kommen. Der VfB muss nach dem Verpassen der Champions League den Gürtel eng schnallen. „Leistungsbezogen“ wird deshalb der Kontrakt sein, so Erwin Staudt. Für Staudt ist Sammer der Wunschtrainer, weil diesem „Stallgeruch“ anhaftet. Als Spieler feierte der gebürtige Dresdner mit den Schwaben 1992 die deutsche Meisterschaft, erzielte in 63 Spielen 20 Tore. Und auch privat fand Sammer am Neckar sein Glück: Ehefrau Karin, mit der er inzwischen drei Kinder hat. Sammers Antritt mutet wie eine Rückkehr in den Schoß einer Familie an.

Aber dennoch sind viele Fragen offen, Sammer kommt in einer Phase des Umbruchs. Die Messlatte liegt hoch durch die Erfolge der letzten Jahre. Ist Sammer in der Lage, das Machtvakuum, welches Alleinherrscher Magath hinterließ, zu füllen? Streben die unter Magath unterdrückten konservativen Kräfte des Vereins, wie Schatzmeister Ruf, wieder nach oben? Wie wird sich der als dickköpfig bekannte Sammer gegen diese behaupten können? Kommt Sammer bei der auf Magath fixierten Mannschaft an? Sammer hat eine schlechtere Ausgangsposition als sein Vorgänger, der VfB liegt sportlich nicht am Boden. Zwar wird der neue Trainer warm empfangen werden, die Fans stehen ihm positiv gegenüber, aber Fallen gibt es in der für Sammer neuen Welt, die mit der alten des Gerhard Mayer-Vorfelder nichts mehr zu tun hat, genug. TOBIAS SCHÄCHTER