: Rauchzeichen für Brüssel
Blühende Listen Europas (2): Spaniens Cannabis-Partei. Ihr Programm für die Europawahl: „In Frieden rauchen“
Wenn sich die PCLYN zu ihren Parteisitzungen trifft, ist Rauchen absolut erwünscht. Hector, Juanito, Veronica und ihre Gefolgschaft stopfen dann bestes Marihuana in die Pfeife oder bröseln gutes Haschisch aus Marokko in den Joint. Die drei jungen Menschen aus dem spanischen Valencia, deren Nachname nur dann eine Rolle spielt, wenn er auf einer Kandidatenliste auftaucht, sind die Gründer der „Cannabis-Partei für die Legalisierung und Normalisierung“ (PCLYN).
Die Idee für die Partei entstand an einem rauschigen Abend in einer Kneipe. Die meisten Gründungsmitglieder stammen aus der Landwirtschaftlichen Fakultät in der spanischen Mittelmeermetropole Valencia. Nach Vorlesungsschluss trafen sie sich immer wieder, um über „Mari“-Anbau zu plaudern und die Produktqualität zu testen. Das Programm ihrer Partei mit dem Blatt als Symbol ist kurz und einfach: „In Frieden rauchen!“
Die Cannabis-Partei ist das Ergebnis einer Bewegung, die seit Jahren Spaniens Kiffer zu so genannten Smoke-Ins oder zum Marsch der Million Joints mobilisiert. Das dringlichste Ziel: die Abschaffung des Corcuera-Gesetzes. Das nach dem Innenminister der letzten Regierung des 1996 abgewählten Sozialisten Felipe González benannte Gesetz belässt Cannabis im halblegalen Raum. Zwar wird der Konsum noch immer geduldet, aber schon der Besitz kleinster Mengen kann zu hohen Geldbußen führen. Kneipen, in denen die Joints kreisen, laufen ebenfalls Gefahr, mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. Das kann bis zur Schließung des Lokals gehen.
Die PCLYN ist stolz auf ihre kurze Geschichte. Die Kifferpartei wurde vor einem Jahr anlässlich der Kommunalwahlen ins Leben gerufen. Damals traten die Cannabisfreunde nur in Valencia an. Zwar reichte es nicht zum Einzug ins Rathaus, doch wurden die Kiffer mit 0,6 Prozent sechststärkste Kraft in der Stadt. Ein Ergebnis, das sie bei den Parlamentswahlen im März in den Provinzen, in denen die PCYLN antrat, wiederholen konnten. Jetzt haben die Mitglieder der Partei, die ausdrücklich „keine Politiker sein wollen“, 15.000 Unterschriften gesammelt. Das reicht, um für die Europawahl zugelassen zu werden.
REINER WANDLER