: Abzug von Unterricht
GEW kritisiert Folgen der Basisfrequenzerhöhung. Weil zusätzliche Schüler noch nicht da sind, werden Lehrerstunden gekürzt. Protestkundgebung am 15. Juni geplant
Als Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig die Erhöhung der Basisfrequenzen um ein bis zwei Schüler bekanntgab, habe sie „die wahren Auswirkungen verschleiert“. Das kritisierte gestern die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Wie berichtet, will die parteilose Senatorin bis 2008 über die Erhöhung der Klassengrößen 1.000 Stellen erwirtschaften. „Erst langsam sickert an den Schulen durch, was das bedeutet“, erklärte gestern GEW-Sprecherin Ilona Wilhelm. Die Gewerkschaft kommt auf Basis von Berechnungen der Personalräte zu dem Schluss, dass zum neuen Schuljahr fast 400 Lehrer aus den Schulen abgezogen werden, da es die Kinder für vollere Klassen zunächst noch nicht gibt.
Besagte „Basisfrequenzen“ regeln das Verhältnis von Lehrerstunden zu Schülern. Da diese Relation aber bereits 2002 und 2003 verschlechtert wurde, haben beispielsweise Grundschulklassen nur noch 92,5 Prozent der ursprünglichen Lehrerstundenzahl, Integrationsklassen mit behinderten Kindern sogar nur noch 86,5 Prozent. Regelrecht um ihre Funktionstüchtigkeit gebracht werden die 42 Gesamtschulen, denen nach der dritten Kürzung jetzt nur noch 80 Prozent der Lehrer von 2002 bleiben. Deshalb müssen dort nach den Sommerferien 118 Lehrer abgezogen werden, wie Personalrat Ulrich Ludwig erklärt, bis zu sieben Lehrer pro Schule. „Wenn die Senatorin die Gesamtschule abschaffen will, soll sie das offen sagen“, kritisert Ludwig. Die parteilose Politikerin sei noch nicht mal bereit, vor der Personalversammlung der Gesamtschullehrer zu erscheinen.
Auch an den Gymnasien müssen 135 Lehrerstellen abgebaut werden. Personalrat Hans Voss hat alle Gymnasiasten durch die neuen Werte dividiert und errechnet, dass dem Durchschnittsgymnasium 77 Prozent der bisherigen Teilungs- und Förderstunden gestrichen werden. In Folge seien nur noch zwölf (!) Wochenstunden für Förderung und Entwicklung eigener schulischer Schwerpunkte übrig.
Nicht weniger gravierend sind die Folgen für die Grundschulen. Der Personalrat Hans Heyderich rechnet vor, dass eine Klasse mit 26 Schülern nur noch zwei statt bisher vier Teilungsstunden habe. Dinges-Dierig hatte zusätzlich angekündigt, die Sprachförderung um 20 Prozent zu kürzen. Allein dies führe laut Heyderich dazu, dass Schulen in einem sozialen Brennpunkt eine Stelle verlieren.
Die GEW befürchtet, dass bei derartigen „Sonderbedarfen“ noch weiter gespart wird. Denn rein rechnerisch machten die bislang bekannt gewordenen Maßnahmen nur etwa die Häfte der angepeilten 1.000 Stellen aus. Ilona Wilhelm: „Wir befinden uns am Anfang eines dramatischen Niedergangs.“ Doch erstmal ruft die GEW für den 15. Juni zu einer „Protestkundgebung“ am Alsteranleger (16 Uhr) auf. KAIJA KUTTER